15.11.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 2274

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Urteil01.03.2006Verwaltungsgericht Frankfurt am Main7 E 5301/05.A
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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil01.03.2006

Abschiebeschutz aufgrund der Veröf­fent­lichung von Mohammed-Karikaturen

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main bejaht das Abschie­bungs­hin­dernis für einen iranischen Asylbewerber, der im Internet Karikaturen des Propheten Mohammed und des geistlichen Führers Khamenei veröffentlicht hat.

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main hat einen entge­gen­ste­henden Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 05.12.2005 aufgehoben und die Bundesrepublik Deutschland, vertr. d. d. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, verpflichtet, ein Abschie­bungs­verbot für die iranischen Staats­an­ge­hörigen festzustellen.

Die Kläger, ein seit Mitte Dezember 2005 geschiedenes Ehepaar, sind iranische Staats­an­ge­hörige. Ihre Asylanträge wurden Ende des Jahres 2004 rechtskräftig abgelehnt. Sie stellten im April 2005 Folgeanträge und trugen zur Begründung im Wesentlichen vor, dass sie exilpolitisch für die iranische monarchistische Bewegung in Deutschland aktiv seien. Nach Ablehnung der Asylfol­ge­anträge durch die Bundesrepublik Deutschland (Beklagte) erhoben sie im Dezember 2005 Klage beim Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main und trugen vor, dass sie zwischen­zeitlich ein Niveau exponierter exilpolitischer Aktivitäten entfaltet hätten, welches mit beachtlicher Wahrschein­lichkeit zu einer Rückkehr­ge­fährdung führe. Dies ergebe sich insbesondere aus ihren regime­feind­lichen Internet-Veröf­fent­li­chungen.

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main hielt die Asylfol­ge­anträge auf der Grundlage des § 60 Abs. 1 AufenthG für begründet. Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staats­an­ge­hö­rigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Von einer solchen Rückkehr­ge­fährdung der Kläger ging das Gericht aufgrund der in der Bundesrepublik Deutschland erfolgten öffent­lich­keits­wirksamen Aktivitäten der Kläger aus. Es führt aus, der Kläger habe glaubhaft in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er sich schon seit längerer Zeit in der iranisch-monar­chis­tischen Bewegung im Exil hier in der Bundesrepublik Deutschland engagiert habe. Er habe sein Engagement nunmehr in den Internetbereich verlagert, wo er auf den von einem exilpolitischen Verein betriebenen Webseiten regimekritische Texte unter seinem Namen einstellte und auch anderen Mitgliedern des Vereins half, dort Beiträge zu publizieren. Der Kläger entfaltete diese Aktivitäten über einen Zeitraum von ca. fünf Monaten ab September 2005. U. a. stellte er Anfang Februar 2006 einen mit seinem Namen unterzeichneten Text in persischer Sprache ein, an welchen er Karikaturen des Propheten und des geistlichen Führers Khamenei anfügte. Daneben hatte der Kläger, bevor er sein Engagement auf das Publizieren im Internet verlagerte, an verschiedenen Demonstrationen und sonstigen Veranstaltungen dieses iranischen exilpolitischen Vereins teilgenommen. Vor diesem Hintergrund führt das Gericht aus, der Kläger sei zwar nicht in gehobener exilpolitischer Funktion tätig gewesen, was nach seiner Rechtsprechung in der Regel erforderlich sei, um politische Verfolgung bei einer Rückkehr in den Iran anzunehmen. Die iranischen Behörden wüssten nämlich, dass eine untergeordnete oder rein teilnehmende Tätigkeit bei Veranstaltungen dieses exilpolitischen Vereins häufig nur zur Stützung eines Asylantrags erfolge.

Dagegen führen nach Ansicht des Gerichts die Anfang des Jahres 2006 veröf­fent­lichten persischen Texte mit Karikaturen des Propheten Mohammed und des geistlichen Führers Khamenei zu einer Verfol­gungs­gefahr bei Rückkehr. Neben der verun­glimp­fenden Bedeutung dieser Veröf­fent­li­chungen aus der Sicht des Regimes sei zu berücksichtigen, dass es aufgrund der jüngsten politischen Ereignisse (Karika­tu­ren­streit in Dänemark Anfang 2006) zu schwerwiegenden politischen Ausein­an­der­set­zungen mit Todesfällen gekommen sei. Die Erregung funda­men­ta­lis­tischer Kreise im Zusammenhang mit diesen künstlerischen Äußerungen sei noch nicht angeebbt. Unerheblich sei, dass der Kläger noch nicht bedroht worden sei und die Karikaturen nicht mit seinem Namen gekennzeichnet habe.

Einem Spiegel-Onlinebericht vom 08.05.2005 entnehme das Gericht, dass im Dezember 2004 mehr als 20 junge Menschen, die in der iranischen Weblogging-Szene publizierten, verhaftet worden seien. Daraus folgere das Gericht, dass Websites und Weblogs eine immer größere Rolle spielten, starker Beobachtung unterlägen und gezielte politische Verfol­gungs­maß­nahmen nicht hinreichend wahrscheinlich ausgeschlossen werden könnten.

Da die geschiedene Ehefrau selbst zahlreiche exilpolitische Aktivitäten entfaltet und ihren Wunsch zum Sturz des Regimes im Iran zum Ausdruck gebracht habe, könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Inter­net­prä­sen­tation ihres früheren Ehemannes mit verun­glimp­fenden Karikaturen des Propheten möglicherweise auch ihr zugerechnet würden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 12/06 des VG Frankfurt am Main vom 24.03.2006

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