21.11.2024
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Urteil23.01.2008Verwaltungsgericht Frankfurt am Main7 E 3280/06
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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil23.01.2008

Bundesanstalt für Finanzdienst­leistungs­aufsicht muss Auskünfte nach dem Informations­freiheitsgesetz erteilen

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt hat die Bundesanstalt für Finanz­dienst­leis­tungs­aufsicht (Bafin) dazu verurteilt, mehr Informationen über mögliche Insider­ge­schäfte und Verstöße gegen Publi­zi­täts­vor­schriften im Zusammenhang mit dem Einstieg der Porsche AG bei der Volkswagen AG herausgeben. Damit hat das Gericht einer auf das Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz gestützten Auskunftsklage weitgehend stattgegeben.

Die Klägerin, eine Rechtsanwälte Partnerschaft, begehrt mit ihrer Klage, die beklagte Bundesanstalt für Finanz­dienst­leis­tungs­aufsicht (Bafin) zur Auskunft über Inhalt und Stand des Verfahrens wegen des Verdachtes des Verstoßes gegen Pflichten nach § 15 Abs. 1 Wertpa­pier­han­dels­gesetz (Veröf­fent­lichung von Inside­r­in­for­ma­tionen) im Zusammenhang mit dem Einstieg der Firma Porsche AG, der Beigeladenen, bei der Volkswagen AG im Herbst 2005 zu verpflichten.

Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 01.02.2006 die Beantwortung u. a. der Fragen begehrt: Führt die Bafin ein Verfahren gegen Porsche und/oder Volkswagen wegen Verstoßes gegen Insider­han­dels­verbote, Verstoßes gegen Publi­zi­täts­vor­schriften. Soweit die Verfahren an die Staats­an­walt­schaft abgegeben worden seien, an welche Staats­an­walt­schaften und zu welchen Aktenzeichen und darüber hinaus welchen Sachstand diese Verfahren erreicht hätten (Einstellungen mit/ohne Auflagen, Verurteilungen, etc.).

Die Beklagte gab dem Auskunfts­be­gehren mit Bescheid vom 01.03.2006 teilweise statt und zwar der Gestalt, dass sie hinsichtlich des Auskunfts­be­gehrens, ob bei ihr gegen die Beigeladene oder die Volkswagen AG Verfahren wegen Verstoßes gegen Insider­han­dels­verbote bzw. Verstoßes gegen Publi­zi­täts­vor­schriften liefen, das Aktenzeichen des derzeit noch laufenden verwal­tungs­recht­lichen Verfahrens wegen Verdachts des Verstoßes gegen Pflichten nach § 15 Abs. 2 Wertpa­pier­han­dels­ge­setzes gegen die Beigeladene mitteilte. Weiter teilte sie mit, dass bei der Staats­an­walt­schaft das vorgenannte Verfahren weiterhin andauere. Im übrigen lehnte es das Auskunfts­be­gehren der Klägerin ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, soweit der Infor­ma­ti­o­ns­an­spruch der Klägerin abgelehnt worden sei ergebe sich dies aus den Verschwie­gen­heits­ver­pflich­tungen nach dem Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz und dem Wertpa­pier­han­dels­gesetz. Es sei den bei der Beklagten Beschäftigten untersagt, die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines nach dem Wertpa­pier­han­dels­gesetz verpflichteten bzw. eines Dritten liege unbefugt zu offenbaren oder zu verwerten. Die von der Klägerin begehr2 ten Informationen unterfielen dieser Verschwie­gen­heits­pflicht. Die Klägerin hat hiergegen am 03.04.2006 Widerspruch eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Ausführungen zum Vorliegen eines Versa­gungs­grundes seitens der Beklagten seien in mehrfacher Hinsicht rechts­feh­lerhaft. Die im Wertpa­pier­han­dels­gesetz enthaltene Verschwie­gen­heits­ver­pflichtung und das damit zusam­men­hängende Verwer­tungs­verbot richte sich an die bei der Beklagten Beschäftigten sowie durch sie beauftragten Personen. Somit wende sich diese Norm ausdrücklich an natürliche Personen. Demgegenüber werde der Infor­ma­ti­o­ns­an­spruch nicht gegenüber natürlichen Personen geltend gemacht, sondern gegenüber der Beklagten als Anstalt des öffentlichen Rechts. Im übrigen sei auch nicht erkennbar, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang bei der beantragten Infor­ma­ti­o­ns­er­teilung Geschäfts- und Betrie­bs­ge­heimnisse betroffen seien könnten. Es sei lediglich die Mitteilung begehrt worden, ob die Beklagte gegen die beiden Unternehmen Verfahren wegen Verstößen gegen Insider­han­dels­verbote und/oder Publi­zi­täts­vor­schriften führe. Diese Fragen könnten beantwortet werden, ohne dass Geschäfts- und/oder Betrie­bs­ge­heimnisse offenbart würden. Mit Wider­spruchs­be­scheid vom 23.05.2006 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, ein Bekanntwerden der begehrten Informationen hätte nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- bzw. Aufsichts­aufgaben der Beklagten als Finanzbehörde. Es bestehe die konkrete Möglichkeit, dass das Schutzgut Aufsicht­s­tä­tigkeit in der Zukunft nachhaltig beeinträchtigt werde, wenn die begehrten Auskünfte erteilt würden. Die Beklagte sei darauf angewiesen, vertrauliche Informationen von den Instituten oder von dritter Seite zu erhalten. Sofern die Beklagte entsprechend sensible geschäfts­be­zogene Informationen preisgeben müsse, könne sie den ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben nicht mehr in vollem Umfang nachkommen. Darüber hinaus würden bei einer vollum­fäng­lichen Stattgabe des Antrags der Klägerin unbefugte Geschäfts- und Betrie­bs­ge­heimnisse offenbart.

Die Klägerin hat am 21.08.2006 Klage erhoben und ergänzend vorgebracht, welche konkreten nachteiligen Auswirkungen das Bekanntwerden der begehrten Informationen auf die Kontrolloder Aufsichts­aufgaben der Beklagten im streit­ge­gen­ständ­lichen Fall haben könne, sei nicht dargelegt. Eine pauschale Behauptung von angeblich nachteiligen Auswirkungen auf die Arbeit der Beklagten reiche nicht aus um die begehrte Auskunft zu verweigern. Sinn und Zweck des Infor­ma­ti­o­ns­zu­gangs­an­spruchs sei es gerade, dass eine öffentliche Kontrolle der Beklagten als Kontrollbehörde ermöglicht werde. Damit sei es unvereinbar, dass die Beklagte eine Information verweigern könne, nur weil ihre Kontroll- und Aufsichts­aufgaben dadurch erschwert würden. Die von der Klägerin begehrten Informationen, ob die Beigeladene Gegenstand eines Verfahrens wegen möglicher Verstöße gegen Publi­zi­täts­vor­schriften sei, stelle keine Information dar, deren Bekanntwerden nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichts­aufgaben der Beklagten haben könne. Die Beklagte weist darauf hin, es sei der Klägerin antragsgemäß mitgeteilt worden, dass gegen die Volkswagen AG und die Porsche AG Verfahren wegen Verstoßes gegen Insiderhandel nicht geführt würden. Anders als staats­an­walt­schaftliche Ermitt­lungs­ver­fahren richteten sich die Untersuchungen der Beklagten nicht gegen bestimmte juristische oder natürliche Personen. Lediglich die Anfragen der Klägerin in Bezug auf Auskünfte über etwaige Unter­su­chungs­ver­fahren gegen die Volkswagen AG im Zusammenhang mit möglichen ad-hoc- Publi­zi­täts­pflichten sowie die Einsicht in die Akten der Beklagten in Sachen eventueller Publi­zi­täts­verstöße der Porsche AG und/oder der Volkswagen AG seien letztlich abschlägig beschieden worden. Die beigeladene Porsche AG ist der Ansicht, dass der von der Klägerin klageweise geltend gemachte Infor­ma­ti­o­ns­an­spruch nicht bestehe. Sie unterstützt insoweit das Vorbringen der Beklagten und teilt die Ansicht, dass das Bekanntwerden der begehrten zusätzlichen Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- bzw. Aufsichts­aufgaben der Beklagten haben könne. Zudem unterfielen die begehrten Informationen der Verschwie­gen­heits­pflicht der Beklag3 ten nach dem Wertpa­pier­han­dels­gesetz. Des weiteren handele es sich bei den begehrten Informationen um Geschäfts­ge­heimnisse der Beigeladenen.

Die für Verfahren nach dem Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz zuständige 7. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Frankfurt am Main hat der Klage weitgehend stattgegeben. Die beklagte Bafin habe im zu entscheidenden Verwal­tungs­streit­ver­fahren nicht hinreichend ausführlich dargelegt, dass mit der begehrten Infor­ma­ti­o­ns­er­teilung konkrete nachteilige Auswirkungen auf ihre Funkti­o­ns­fä­higkeit einhergingen. Auch stehe die ihr als Behörde obliegende Verschwie­gen­heits­pflicht nach § 8 Wertpa­pier­han­dels­gesetz nicht von vornherein generell einer Preisgabe von Informationen entgegen. Dass die Voraussetzungen vorliegen, um sich im konkreten Einzelfall auf diese Vorschrift mit Erfolg berufen zu können, habe sie dem Gericht gegenüber nicht in überzeugender Weise dargelegt. Die Kammer gab auch dem von der Klägerin verfolgten Begehren auf Akteneinsicht in den einschlägigen Behördenvorgang dem Grunde nach statt. Zugleich verneinte sie jedoch einen unein­ge­schränkten Anspruch auf Akteneinsicht und wies insoweit die Klage ab. Angesichts des Umfangs der Behördenakte von ca. 150 Seiten sei auch nicht ersichtlich, inwieweit eine Herausnahme oder Schwärzung perso­nen­be­zogener und sonstiger schützenswerter Daten einen unzumutbaren Arbeitsaufwand der Beklagten bewirken würde.

Quelle: ra-online, VG Frankfurt am Main

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