21.11.2024
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Dokument-Nr. 32085

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Urteil16.08.2022Verwaltungsgericht Düsseldorf20 K 7488/20, 20 K 217/21 und 20 K 393/22
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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil16.08.2022

Land Nordrhein-Westfalen unterliegt im Rechtsstreit um Corona-SoforthilfenUnternehmer müssen Corona-Soforthilfe nicht zurückzahlen

Die Bescheide, mit denen die Bezirks­re­gierung Düsseldorf geleistete Corona-Soforthilfen von den Empfängern teilweise zurückgefordert hat, sind rechtswidrig. Den gegen diese Schluss­be­scheide gerichteten Klagen dreier Zuwen­dungs­emp­fänger gegen das Land Nordrhein-Westfalen hat das Verwal­tungs­gericht Düsseldorf stattgegeben.

Als im Frühjahr 2020 kleine Unternehmen und Selbständige durch verschiedene infek­ti­o­ns­schutz­rechtliche Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie in wirtschaftliche Notlagen gerieten, schufen Bund und Länder Programme, um kurzfristig Finanzhilfen bereitzustellen. Solche Soforthilfen erhielten auch die Kläger der heute entschiedenen Verfahren. Der Betreiber eines Düsseldorfer Schnell­re­staurants musste ebenso wie die Betreiberin eines Kosmetikstudios aus Remscheid während des Lockdowns im Frühjahr 2020 zeitweise den Betrieb schließen. Ein Steuerberater aus Düsseldorf, der einen Großteil seiner Umsätze durch die Aus- und Fortbildung von Steuerberatern erwirtschaftet, erlitt durch den Wegfall von Präsenz­vor­trägen Umsatzeinbußen.

Land fordert etwa 7.000,- Euro zurück

Nachdem die drei Kläger zunächst aufgrund von Ende März bzw. Anfang April 2020 erlassenen Bewil­li­gungs­be­scheiden der zuständigen Bezirks­re­gierung Düsseldorf Soforthilfen in Höhe von jeweils 9.000,- Euro erhalten hatten, setzte die Behörde im Rahmen sog. Rückmel­de­ver­fahren später die Höhe der Soforthilfe auf ca. 2.000,- Euro fest und forderte etwa 7.000,- Euro zurück.

VG: Schluss­be­scheide rechtswidrig

Das VG Düsseldorf hat nun entschieden, dass diese Schluss­be­scheide rechtswidrig sind. Denn für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Schluss­be­scheide kam es auf die Förderpraxis des Landes während des Antrags­ver­fahrens bis zum Erlass der Bewil­li­gungs­be­scheide an. Die in den Bewil­li­gungs­be­scheiden zum Ausdruck gekommene Verwal­tung­s­praxis des Landes stimmte mit den in den Schluss­be­scheiden getroffenen Festsetzungen nicht überein. Während des Bewil­li­gungs­ver­fahrens durften die Hilfeempfänger auf Grund von Formulierungen in online vom Land bereit gestellten Hinweisen, den Antrags­vor­drucken und den Zuwen­dungs­be­scheiden eher davon ausgehen, dass pande­mie­be­dingte Umsatzausfälle für den Erhalt und das Behaltendürfen der Geldleistungen ausschlaggebend sein sollten. Demgegenüber stellte das Land bei Erlass der Schluss­be­scheide auf das Vorliegen eines Liqui­di­täts­eng­passes ab, der eine Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Geschäfts­be­triebes, also einen Verlust, voraussetzte. Dies ist rechts­feh­lerhaft, weil diese Handhabung von der maßgeblichen Förderpraxis abwich.

Rücker­stat­tungs­ver­pflichtung auch missver­ständlich formuliert

Mit Blick darauf konnte auch die Richtlinie des damaligen Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW vom 31. Mai 2020, die erstmals eine Definition des Begriffs des Liqui­di­täts­eng­passes enthielt, trotz ihres rückwirkenden Inkrafttretens bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Schluss­be­scheide nicht berücksichtigt werden. Abgesehen davon waren die ursprünglichen Bewil­li­gungs­be­scheide hinsichtlich einer etwaigen Rücker­stat­tungs­ver­pflichtung auch missver­ständlich formuliert. Insbesondere konnten die Zuwen­dungs­emp­fänger dem Inhalt der Bescheide nicht verlässlich entnehmen, nach welchen Parametern eine Rückzahlung zu berechnen sei.

Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen

Beim Verwal­tungs­gericht Düsseldorf sind noch weitere ca. 500 Klageverfahren rund um den Komplex der Corona-Soforthilfen anhängig. Wie mit diesen umzugehen ist, wird die Kammer in Kürze entscheiden. In den drei heute entschiedenen Streitigkeiten, die repräsentativ für einen Großteil der weiteren Verfahren sind, hat das Gericht die Berufung zum Oberver­wal­tungs­gericht für das Land Nordrhein-Westfalen wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.

Quelle: Verwaltungsgericht Düsseldorf, ra-online (pm/ab)

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