21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Schreibtisch mit einem Tablet, einer Kaffeetasse und einem Urteil.

Dokument-Nr. 1813

Drucken
Urteil24.01.2006Verwaltungsgericht Dessau3 A 376/05 DE
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Dessau Urteil24.01.2006

Jüdische Gemeinde klagt erfolglos gegen Prüfbericht des Landes­rech­nungshofs

Das Verwal­tungs­gericht Dessau hat die Klage der Jüdischen Gemeinde zu Halle gegen einen Prüfbericht des Landes­rech­nungshofes Sachsen-Anhalt abgewiesen. Die Gemeinde hatte zum einen die Feststellung begehrt, dass der Landes­rech­nungshof nicht berechtigt gewesen sei, einen Bericht über die Prüfung ihrer Haushalts- und Wirtschafts­führung für den Zeitraum 1999 bis 2001 ohne vorherige Abschluss­be­sprechung zu erstellen und zu verbreiten.

Hierzu hat sie geltend gemacht, dass ihr Ersuchen um eine Prüfung unter Bedingungen gestanden habe, die der Landes­rech­nungshof nicht erfüllt habe, nämlich die Erstreckung der Prüfung auf den Zeitraum 1997 und 1999 sowie die Durchführung eines Abschluss­ge­sprächs noch vor Erstellung und Verbreitung des Berichts. Gesetzliche Befugnisse des Landes­rech­nungshofs, die Haushalts- und Wirtschafts­führung einer Religi­o­ns­ge­mein­schaft zu prüfen, gebe es nicht. Zum anderen sollte der Landes­rech­nungshof dazu verurteilt werden, eine Reihe von in dem Prüfbericht enthaltenen sowie zwei Äußerungen gegenüber der Presse zu widerrufen. Die fraglichen Äußerungen in dem Prüfbericht betrafen vor allem die Verwendung von Staats­leis­tungen aus dem Staatsvertrag der Jüdischen Gemeinschaft mit dem Land Sachsen-Anhalt sowie von verschiedenen Zuwendungen, darüber hinaus u.a. Perso­nal­maß­nahmen, Fragen der Zusammensetzung und Arbeit des Vorstandes sowie der Satzungs­ge­staltung, Kritik an Doppel­funk­tionen innerhalb der Gemeinde und im Verhältnis zum Landesverband. Die Gemeinde hat insoweit vor allem geltend gemacht, dass sie durch die angegriffenen Äußerungen, die ihre Binnenstruktur beträfen, in ihrem durch die Verfassung eingeräumten religi­o­ns­ge­mein­schaft­lichen Selbst­be­stim­mungsrecht verletzt werde.

Die Kammer hat ihr klage­ab­wei­sendes Urteil hinsichtlich der begehrten Feststellung darauf gestützt, dass sich die Befugnis des Landes­rech­nungshofs zur Erstellung und Verbreitung des Prüfberichts bereits aus dem von der Klägerin selbst erteilten Prüfersuchen ergeben habe. Gegenstand und Umfang der Prüfung seien vom Landes­rech­nungshof in einem Bestä­ti­gungs­schreiben bestimmt worden. Die Klägerin habe zwar später versucht, den Rechnungshof zu einer Prüfung mit anderem Umfang zu bewegen. Obwohl der Beklagte sich zu einer solchen Prüfung nicht bereit erklärt habe, habe die Klägerin sich aber der Prüfung gestellt. Hierin sei ihr Einverständnis mit der in dem Bestä­ti­gungs­schreiben angekündigten Prüfung zu sehen. Darauf, dass der Beklagte auch ohne Bestätigung ihrem Wunsch nachkommen werde, habe die Klägerin nicht vertrauen dürfen. Dies ergebe sich daraus, dass der Zeitraum von 1997 bis 1999 bereits Gegenstand einer Rechnungs­prüfung durch den Beklagten gewesen sei, sowie daraus, dass die von allen Jüdischen Gemeinden des Landes und des Landesverbandes übereinstimmend gewünschte Prüfung sinnvollerweise nur nach einheitlichen Kriterien habe erfolgen können. Die Verfahrensweise des Landes­rech­nungshofs zur Verbreitung des Prüfberichts entspräche den Vorgaben der Landes­haus­halts­ordnung, deren Anwendung sich die Klägerin mit ihrem Prüfersuchen unterworfen habe.

Einen Anspruch der Klägerin auf Widerruf einzelner Äußerungen des Prüfberichts hat die Kammer verneint. Unabhängig von der Frage, ob eine berech­tig­terweise durch den Landes­rech­nungshof geprüfte Stelle überhaupt einzelne Äußerungen eines Prüfberichts – der keine verbindliche Außenwirkung habe – angreifen dürfe, sei jedenfalls nicht feststellbar, dass die Klägerin durch die fraglichen Äußerungen fortdauernd in ihren Rechten beeinträchtigt sei. Angegriffene Tatsa­chen­fest­stel­lungen seien vom Beklagten spätestens im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens richtig gestellt worden. Bei den Schluss­fol­ge­rungen und Empfehlungen des Beklagten handele es sich weder um ehrverletzende Äußerungen noch um solche, die den Kernbereich des religi­o­ns­ge­mein­schaft­lichen Selbst­be­stim­mungsrecht verletzten, da sie keine inhaltlichen Bezüge zu religi­o­ns­ge­mein­schaft­lichen Fragen hätten. Im Hinblick auf ihre Einwilligung in die Prüfung ihrer Haushalts- und Wirtschafts­führung könne die Klägerin sich aber dem Beklagten gegenüber jedenfalls nur auf diesen Kernbereich berufen. Auch die Presse­äu­ße­rungen – in denen es um die weitere Kontrolle der Haushalts- und Wirtschafts­führung der Klägerin sowie das von ihr angestrengte Klageverfahren gegen den Landes­rech­nungshof ging – waren nach Auffassung der Kammer durch die Befugnisse des Landes­rech­nungshofs gedeckt.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 02/06 des VG Dessau vom 24.01.2006

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil1813

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI