Dokument-Nr. 1955
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Verwaltungsgericht Darmstadt Urteil23.02.2006
Gericht weist Klage wegen vermeintlicher Unregelmäßigkeiten einer Bürgermeisterwahl abAnfechtung der Wahl zum Bürgermeister der Stadt Mühlheim am Main
DasVerwaltungsgericht Darmstadt hat die Klage eines Bürgers der Stadt Mühlheim am Main gegen die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Mühlheim wegen der Feststellung der Gültigkeit der Wahl von Bürgermeister Müller am 06.03.2005 abgewiesen.
Die Kammer ist der Auffassung, dass das Einspruchsschreiben des Klägers nicht hinreichend konkret und detailliert alle Gründe darlegt, aus denen sich Unregelmäßigkeiten der Wahl ergeben sollen und keine Ausführungen dazu enthält, inwieweit diese vermeintlichen Unregelmäßigkeiten relevant auf das Ergebnis der Bürgermeisterwahl ausgewirkt haben könnten. Aus diesem Grunde sei der Kläger mit seiner Rüge, Bürgermeister Müller habe sich mit anderen Mitgliedern der seinen Wahlvorschlag tragenden Partei (CDU) auf dem Schulhof der Brüder-Grimm-Schule in der Nähe des Eingangs zu den Wahllokalen längere Zeit unterhalten und schon durch seine bloße Anwesenheit Einfluss auf das Wählerverhalten ausgeübt, ebenso ausgeschlossen wie mit seinem Vortrag, mit seiner im Internet veröffentlichten privaten Homepage habe der Bürgermeister unzulässigen Einfluss auf die Wähler genommen. Die Kammer vermochte aber auch in den weiteren, von dem Kläger gerügten Punkten keine Unregelmäßigkeiten der Wahl zu erkennen:
Soweit der Bürgermeister mit seiner Ehefrau und Parteifreunden drei Wahllokale aufgesucht habe, um die dort tätigen Mitglieder des Wahlvorstands zu begrüßen, liege hierin keine unzulässige Beeinflussung der Wähler durch Wort, Ton Schrift oder Bild im Sinne des § 17 a des Hessischen Kommunalwahlgesetzes (KWG). Es sei nicht erkennbar, dass die bloße Anwesenheit des Bürgermeisters im Wahllokal, die zudem lediglich von den Mitgliedern des Wahlvorstands und zwei Wählern, die indes ihre Stimme bereits abgegeben hätten, wahrgenommen worden sei, eine Handlung darstelle, durch die nach der Lebenserfahrung eine Beeinflussung der Wahlentscheidung eines oder mehrerer Wähler nicht ausgeschlossen werden könnte. Dies gelte gleichermaßen für das von dem Kläger gerügte Bürgermeister-Tagebuch auf dem Internet-Auftritt der Stadt Mühlheim am Main. Dieses befinde sich in dem Spannungsfeld zwischen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit des Bürgermeisters und Werbung für seine Wiederwahl. Die Grenze zur unzulässigen Wahlwerbung habe der Bürgermeister indes nicht überschritten. Zwar sei es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem Bürgermeister verwehrt, in amtlicher Funktion durch besondere Maßnahmen auf die Willensbildung des Volkes bei Wahlen einzuwirken. Auch versteckte Werbung zugunsten eines Wahlvorschlags sei in amtlicher Form nicht zulässig.
Die Kammer ist der Überzeugung, weder aus der Aufmachung, noch aus der äußeren Form der von dem Bürgermeister veröffentlichten Photographien oder der sie erläuternden Text könne auf eine Unregelmäßigkeit geschlossen werden. Das Bürgermeister-Tagebuch bestehe seit dem Jahre 2001; es sei nicht etwa unmittelbar vor dem Bürgermeister-Wahlkampf erstmals erschienen. Seitdem seien eine Vielzahl von Einträgen und Photo-graphien zu gesellschaftlich bedeutenden Ereignissen in der Stadt Mühlheim aufgenommen worden. Die drei von dem Kläger gerügten Einträge stellen nach Auffassung der Kammer Ereignisse unter vielen dar und stechen nicht aus dem Gesamterscheinungsbild des Tagebuchs hervor. Die Einträge seien neutral formuliert, zudem sei eine Kochveranstaltung mit der Gegenkandidatin ebenso bildlich dargestellt wie der Wahlkampfauftakt des Bürgermeisters. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Einträge inhaltlich dazu bestimmt und auch geeignet seien, die Willensbildung der Wähler parteiergreifend und chancenbeeinträchtigend zu beeinflussen. Selbst wenn man im Übrigen in dem Tagebuch eine Unregelmäßigkeit erblicken wolle, führe dies nicht zur Annahme, dass sich dieses Verhalten relevant auf das Ergebnis der Bürgermeister-Wahl ausgewirkt haben könnte. Hierbei müsse auch berücksichtigt werden, dass anders als im Falle des Verteilens z. B. von Wahlwerbung oder Wahlinformationsständen der Parteien, mit denen der Wähler auch ohne sein Zutun konfrontiert werde, im streitgegenständlichen Fall erst das Aufrufen der Homepage der Stadt Mühlheim sowie weiteres Navigieren erforderlich sei, um das Tagebuch überhaupt zur Kenntnis nehmen zu können.
Gegen das Urteil kann binnen eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof gestellt werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.02.2006
Quelle: Presseerklärung der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 23.02.2006
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