Der Kläger bewohnt in ca. 600 Metern Entfernung vom VW-Werk eine 1958 errichtete Doppelhaushälfte. Er schrieb erstmals 2001 an die Volkswagen AG, der Lärmpegel des Werks habe sich in letzter Zeit deutlich erhöht. Auf seinem Grundstück könne man ein „ständiges, langanhaltendes Grollen“ sowie „heftige metallene Schläge wie von aneinanderknallenden Güterwagen“ hören, es sei nicht mehr möglich, bei gekipptem Fenster zu schlafen. Die Volkswagen AG und das Gewerbeaufsichtsamt ließen daraufhin Lärmmessungen durchführen. Im Juli 2004 schrieb das Gewerbeaufsichtsamt dem Kläger, es gelte ein Lärmgrenzwert von 43 db(A), die gemessenen Werte lägen darunter. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Behörde im Dezember 2005 zurück. Anfang 2006 erhob der Kläger gegen das Gewerbeaufsichtsamt Klage beim Verwaltungsgericht, das die Volkswagen AG zu dem Verfahren beigeladen hat. Er beantragte vor Gericht vor allem, das Gewerbeaufsichtsamt zu verpflichten, wegen der Lärmbeeinträchtigungen gegen VW einzuschreiten; das Wolfsburger Werk müsse - so der Kläger - gegenüber dem benachbarten Wohngebiet den für reine Wohngebiete geltenden Lärm-Grenzwert einhalten.
Die Richter der 2. Kammer haben entschieden: VW sei nicht verpflichtet, den Lärm auf den für reine Wohngebiete geltenden Grenzwert zu verringern. Für Wohngebiete in der Nachbarschaft von Industrieanlagen gelten - so die Richter - höhere Lärmgrenzwerte als für reine Wohngebiete.
Erfolg hatte der Kläger allerdings mit seinem Antrag, die beiden Bescheide des Gewerbeaufsichtsamtes aus den Jahren 2004 und 2005 über die Grenzwert-Festsetzung aufzuheben. Nach dem Urteil der 2. Kammer ist die Behörde nicht berechtigt gewesen, den Grenzwert gegenüber dem Kläger festzusetzen: Die rechtlichen Bestimmungen sähen nur vor, die dem Betreiber der Anlage erteilte Anlagengenehmigung durch die Festsetzung eines Lärmgrenzwertes zu beschränken. Für eine Festsetzung gegenüber den Inhabern benachbarter Grundstücke gebe es dagegen keine rechtliche Grundlage.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.11.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Braunschweig vom 15.11.2006