15.11.2024
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Urteil19.10.2006Verwaltungsgericht Braunschweig1 A 17/06
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Verwaltungsgericht Braunschweig Urteil19.10.2006

Nachbar­schaftshilfe unter Gemeinden ist bei Feuerwehr-Einsätzen grundsätzlich unentgeltlichGemeinden dürfen Aufwendungen für Nachbar­schaftshilfe untereinander nicht durch Kostenbescheid geltend machen

Gemeinden, die nicht Standorte so genannter Schwer­punkt­feu­er­wehren sind, müssen grundsätzlich kein Drehleiter-Fahrzeug anschaffen. Andere Feuerwehren müssen ihnen auf Anforderung ihr Fahrzeug unentgeltlich zur Verfügung stellen, wenn bei einem Einsatz eine Drehleiter benötigt wird. In den Fällen, in denen die Nachbar­schaftshilfe kostenpflichtig ist, darf die Hilfe leistende Gemeinde der anderen Gemeinde die entstandenen Aufwendungen nicht durch Kostenbescheid in Rechnung stellen. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Braunschweig entschieden.

Die Samtgemeinde Bodenteich hatte dagegen geklagt, dass die Stadt Wittingen ihr die Kosten für den Einsatz eines Drehleiter-Fahrzeugs der städtischen Feuerwehr mit förmlichem Bescheid in Rechnung gestellt hat. Über ein solches Fahrzeug verfügt die Feuerwehr der Samtgemeinde nicht. Bei einem Scheunenbrand rückte daher nach Anforderung der Samtgemeinde das Drehleiter-Fahrzeug der Wittinger Feuerwehr mit einem Begleitfahrzeug und insgesamt 8 Feuerwehrleuten zum Einsatz aus. Dafür verlangte die Stadt Wittingen von der Samtgemeinde Kostenersatz in Höhe von rund 1600 Euro. Die Samtgemeinde vertrat die Ansicht, es habe sich um einen Fall gehandelt, in dem die Stadt nach dem Brand­schutz­gesetz unentgeltlich Nachbar­schaftshilfe leisten musste. Die Stadt machte geltend, die Samtgemeinde müsse für die Nachbar­schaftshilfe zahlen, weil sie eine Drehleiter eigentlich selbst hätte anschaffen müssen.

Das Gericht gab der Klage der Samtgemeinde statt: Sie sei nicht zur Zahlung verpflichtet, weil ein Fall der unentgeltlichen Nachbar­schaftshilfe vorgelegen habe. Grundsätzlich müsse eine Gemeinde einer anderen Gemeinde bei Feuerwehr-Einsätzen auf ihre Anforderung unentgeltlich Nachbar­schaftshilfe leisten. Die unterstützte Gemeinde habe die Kosten nur zu erstatten, wenn die Nachbar­schaftshilfe in mehr als 15 Kilometern Entfernung von der Gemeindegrenze geleistet werde oder die Nachbar­schaftshilfe notwendig geworden sei, weil die andere Gemeinde "über die nach ihren örtlichen Verhältnissen erforderlichen Brand­be­kämpfungs- und Hilfe­leis­tungs­ein­rich­tungen" nicht selbst verfüge. Die Ausrüstung der Feuerwehr stehe dabei unter dem Gebot der sparsamen Mittel­be­wirt­schaftung. Die Voraussetzungen für einen Koste­n­er­stat­tungs­an­spruch der Stadt Wittingen seien danach nicht erfüllt. Die Samtgemeinde sei nicht dazu verpflichtet, selbst ein Drehleiter-Fahrzeug anzuschaffen. Das Brand­schutz­gesetz verpflichte zwar alle Gemeinden dazu, eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende leistungsfähige Feuerwehr aufzustellen und auszurüsten. Drehleiter-Fahrzeuge gehören - so die Richter - jedoch grundsätzlich nur zur Minde­st­ausstattung von so genannten Schwer­punkt­feu­er­wehren. Für die Freiwillige Feuerwehr der Samtgemeinde ergäben sich nach den besonderen örtlichen Verhältnissen keine weitergehenden Anforderungen: In sämtlichen im Gemeindegebiet liegenden Gebäuden betrage die Fußbodenhöhe weniger als 7 Meter oder sei ein zweiter Rettungsweg vorhanden.

Im Übrigen hätte die Stadt nach dem Urteil des Gerichts die Kosten für eine Nachbar­schaftshilfe nicht durch Leistungs­be­scheid geltend machen dürfen. Dafür sei eine gesetzliche Grundlage erforderlich, weil die in Anspruch genommene Gemeinde gegen einen solchen Bescheid innerhalb eines Monats Klage erheben müsse und sonst keine inhaltlichen Einwände mehr erheben könne. Eine solche gesetzliche Grundlage gebe es nicht. Die Gebührensatzung der Stadt Wittingen biete zwar die Grundlage für eine Gebüh­re­n­er­stattung in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen, rechtfertige aber nicht, diese Gebühren durch Kostenbescheid geltend zu machen. Stattdessen muss die Hilfe leistende Gemeinde den Aufwen­dungs­ersatz direkt beim Verwal­tungs­gericht einklagen, wenn die unterstützte Gemeinde die Zahlung verweigert.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Braunschweig vom 19.10.2006

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