21.11.2024
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Dokument-Nr. 3170

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Beschluss12.09.2006Verwaltungsgericht BerlinVG 62 A 22.06, VG 62 A 25.06
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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss12.09.2006

Personalräte können bei der Beschäftigung von „Ein-Euro-Kräften“ nicht mitbestimmen

Das Verwal­tungs­gericht Berlin hat die Klagen zweier Personalräte gegen den Einsatz von „Ein-Euro-Kräften abgewiesen. Die Einwände der Perso­na­l­ver­tre­tungen sind nicht durch das gesetzliche Mitbe­stim­mungsrecht gedeckt.

In einem Fall hatte ein Personalrat der Lehrer und Erzieher sich gegen die geplante Beschäftigung von „Ein-Euro-Kräften“ zur Unterstützung der Kinder- und Schüler­be­treuung (u.a. Hausaufgaben-Betreuung, Leseförderung und Durchführung von Pause­n­ak­ti­vitäten) an verschiedenen Grundschulen gewandt. In einem weiteren Verfahren trat der Personalrat eines Bezirksamtes dem Einsatz von „Ein- Euro-Kräften“ im Rahmen „ergänzender pädagogischer Angebote“ in einem Jugendheim des Bezirks sowie als Hausmeis­ter­ge­hilfen in Schulen entgegen.

In beiden Fällen begründete der Personalrat seine Weigerung, dem Einsatz der „Ein-Euro-Kräfte“ zuzustimmen, mit einem Verstoß gegen § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II. Es bestünden erhebliche Zweifel an der durch diese Vorschrift gebotenen Zusätzlichkeit der Tätigkeiten der „Ein-Euro-Kräfte“. Die in Aussicht genommenen Tätigkeiten fielen nicht unplanmäßig und nicht nur vorübergehend an. Zwar sei der Personalrat von der Notwendigkeit der Schaffung weiterer Stellen­ka­pa­zitäten für die betreffenden Arbeiten überzeugt. Diese dürften jedoch nicht an „Ein-Euro-Kräfte“ vergeben werden, da auf diese Weise Pflichtaufgaben „in den Sektor prekärer Beschäftigung“ verschoben würden. Damit würden die Interessen der in der Dienststelle Beschäftigten mindestens mittelbar zu deren Nachteil berührt.

Die Dienst­stel­len­leitung wies die Zustim­mungs­ver­wei­ge­rungen jeweils als unbeachtlich zurück. Die Personalräte riefen daraufhin zur Klärung des Umfanges ihrer Befugnisse das Verwal­tungs­gericht an.

Das Verwal­tungs­gericht (Fachkammer für Perso­na­l­ver­tre­tungs­sachen) hat die Anträge der Personalräte zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Einwände der Personalräte seien nicht durch das gesetzliche Mitbe­stim­mungsrecht der Perso­na­l­ver­tretung gedeckt. Aufgabe der Perso­na­l­ver­tretung als Inter­es­sen­ver­tretung der Beschäftigten einer Dienststelle sei es, auf die Einhaltung der für die von ihr vertretenen Dienstkräfte geltenden Rechts­vor­schriften zu achten. Um eine solche Rechts­vor­schrift handle es sich bei der vom Personalrat herangezogenen Vorschrift des § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II jedoch nicht. Denn sie begünstige nicht die in den betroffenen Dienststellen bereits beschäftigten Arbeitskräfte, sondern die in Zukunft zu beschäftigenden Arbeits­su­chenden.

Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 SGB II obliege es der zuständigen Arbeitsagentur, Arbeits­ge­le­gen­heiten für Arbeitssuchende zu schaffen. Handele es sich um „zusätzliche“ Arbeiten im „öffentlichen Interesse“, dürfe dem Arbeits­su­chenden bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen eine angemessene Entschädigung für seine Mehrauf­wen­dungen („Ein-Euro-Job“) gezahlt werden (§ 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II).

§ 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II enthalte mithin weder ein Verbot der Beschäftigung von Arbeits­su­chenden im Rahmen des Tätig­keits­feldes des öffentlichen Dienstes, noch sei die Vorschrift sonst dazu bestimmt, die Interessen der im öffentlichen Dienst stehenden Dienstkräfte zu schützen. Mit der Rüge des Nichtvorliegens einer lediglich den Leistungsumfang für Arbeitssuchende einschränkenden Tatbe­stands­vor­aus­setzung („zusätzliche Arbeiten“) habe die Perso­na­l­ver­tretung der Sache nach im konkreten Fall ausschließlich arbeits­ma­rkt­po­li­tische Gesichtspunkte, nicht jedoch auf die von ihr konkret vertretenen Beschäftigten bezogene Bedenken geltend gemacht.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 23/06 des VG Berlin vom 19.09.2006

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