Die Antragstellerin beantragte daraufhin am 29. Juli 2006 beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung mit dem Ziel, bis zur endgültigen (ggf. gerichtlichen) Entscheidung über ihren Antrag vom 20. Juli 2006 (vorläufig) vom Ethikunterricht befreit zu werden. Zur Begründung verwies sei auf ihre grundgesetzlich geschützte Glaubensfreiheit.
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts hat es abgelehnt, die begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, es sei nicht mit der für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass die Antragstellerin in der Hauptsache Erfolg haben werde.
Zwar komme bei Vorliegen eines wichtigen Grundes grundsätzlich auch eine Befreiung von einem ganzen Unterrichtsfach in Betracht. Ein solcher sei vorliegend aber nicht ersichtlich. Insbesondere sei die Antragstellerin durch die Verpflichtung, den Ethikunterricht in ihrer Schule zu besuchen, nicht in ihren Grundrechten beeinträchtigt.
Zunächst sei das Land Berlin nicht von Verfassungs wegen gehindert, ein als Ethikunterricht bezeichnetes Fach mit dem Ziel einzuführen, alle Schüler in vergleichbarer Weise zu verantwortungs- und wertbewusstem Verhalten zu erziehen.
Die Ausgestaltung des Ethikunterrichts in § 12 Abs. 6 Berliner Schulgesetz verletze die Antragstellerin auch nicht in ihrer grundgesetzlich geschützten Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG). Denn der in § 12 Abs. 6 Berliner Schulgesetz angelegte Ethikunterricht sei als weltanschaulich und religiös neutraler Unterricht angelegt. Das staatliche Schulwesen dürfe sich auch der Erziehung der Schüler in ethischen Fragen annehmen, sofern der Unterricht weltanschaulich und religiös neutral durchgeführt werde. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es der Schulverwaltung nicht gelingen könnte, die in § 12 Abs. 6 Berliner Schulgesetz geforderte weltanschauliche und religiöse Neutralität in der Schulpraxis sicherzustellen, habe das Gericht nicht.
Die grundgesetzlich geschützte Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG) erfordere es auch nicht, dass sich Schüler zugunsten des Religionsunterrichts vom Ethikunterricht abmelden könnten. Der Religionsunterricht stelle - wie bisher - ein zusätzliches Angebot dar, welches angenommen werden könne oder auch ohne Angabe von Gründen nicht wahrgenommen zu werden brauche. Eine gegenüber der früheren Rechtslage zusätzliche Belastung durch die Einführung des verpflichtenden Ethikunterrichts habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.08.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 16/06 des VG Berlin vom 23.08.2006