14.11.2024
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Dokument-Nr. 1125

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Verwaltungsgericht Berlin Urteil14.09.2005

Keine Genehmigung für Kunstprojekt in der Antarktis

Das Verwal­tungs­gericht Berlin hat die Klage eines freischaffenden Künstlers, ein Kunstprojekt in der Antarktis zu genehmigen, abgewiesen.

Der Kläger beantragte beim Umweltbundesamt erfolglos die Genehmigung, eine bronzeum­mantelte Skulptur am 74. südlichen Breitengrad im Bereich der sogenannten "Kottasberge" in das Eis der Antarktis einsetzen zu können. Der einer menschlichen Spermazelle nachgebildete, vom Kläger als "Der Spermatit" betitelte, 1 t schwere Hohlkörper soll im Wesentlichen die Haarproben von (derzeit) mehreren Hundert Menschen einschließen - für einen Beitrag von 30 EUR konnten Haarproben eingesandt werden - und so vor Ort für die Nachwelt die ewige Konservierung menschlichen Erbguts symbolisieren.

Nach Auffassung der 10. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Berlin ist das Kunstprojekt geneh­mi­gungs­pflichtig. Das vorgesehene Einbringen von Fremdkörpern in das (Schutz-) Gebiet der Antarktis sei wenn nicht schon als Expedition jedenfalls ohne Weiteres als "sonstige Unternehmung in die oder in der Antarktis" nach dem Gesetz zur Ausführung des Umwelt­schutz­pro­tokolls vom 4. Oktober 1991 zum Antarktis-Vertrag anzusehen. Dieses Gesetz bezwecke den umfassenden Schutz der antarktischen Umwelt und der abhängigen und verbundenen Ökosysteme sowie die Bewahrung der Antarktis als ein dem Frieden und der Wissenschaft gewidmetes Naturreservat. Das Kunstprojekt sei nach diesem Gesetz nicht geneh­mi­gungsfähig. Da hiernach Genehmigungen (zwingend) zu befristen seien, scheide eine Genehmigung für eine unabsehbar lange währende Einbringung von Fremd­ma­te­rialien in die Schutzzone der Antarktis aus. Das Projekt des Klägers sei jedoch gerade darauf ausgerichtet, der Nachwelt auf eine nicht vorhersehbare Zeitdauer menschliches Erbgut aus lang zurückliegender Vergangenheit zu erhalten. Auf die vom Grundgesetz geschützte Kunstfreiheit (Artikel 5 Abs. 3) könne sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Die Kunstfreiheit finde ihre Schranken u.a. in anderen Rechtsgütern, die ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestattet sind. Der Schutz der natürlichen Lebens­grundlagen werde von Artikel 20 a des Grundgesetzes besonders hervorgehoben. Diesem Ziel diene es, Unternehmungen im nicht dem Kläger gehörenden (Schutz-)Bereich der Antarktis entsprechend internationalen Vereinbarungen von einer Genehmigung abhängig zu machen, die Unternehmungen allenfalls vorübergehend ermögliche.

Gegen die Entscheidung ist der Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg zulässig.

Anmerkung:

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes vom 22. September 1994, zuletzt geändert im November 2003, zur Ausführung des Umwelt­schutz­pro­tokolls vom 4. Oktober 1991 zum Antarktis-Vertrag - AUG - bedarf jede Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AUG, die u.a. von deutschen Staats­an­ge­hörigen durchgeführt wird, einer Genehmigung. Zu den in § 2 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AUG aufgeführten Tätigkeiten zählen Expeditionen, Reisen, Versor­gungs­fahrten und -flüge, Inspektionen und sonstige Un-ternehmungen in die oder in der Antarktis, d.h. im Gebiet südlich von 60° südlicher Breite (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AUG), sowie der Bau, Umbau, Abbau oder Betrieb wissen­schaft­licher Stationen und sonstiger Anlagen und Einrichtungen, die in der Bundesrepublik Deutschland organisiert werden oder von ihrem Hoheitsgebiet ausgehen, wobei der Begriff der Tätigkeit jede Veränderung einer Tätigkeit einschließt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AUG). Für gleichartige Tätigkeiten, die regelmäßig in der Antarktis durchgeführt werden, kann eine Genehmigung für einen bestimmten Zeitraum, höchstens aber für ein Jahr, erteilt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 5 AUG).

Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin vom 18.10.2005

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