21.11.2024
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Dokument-Nr. 10012

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Verwaltungsgericht Berlin Urteil05.07.2010

Friedliche Demonstrationen dürfen von der Polizei nicht gefilmt werdenAufnahmen stellen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung der Versamm­lungs­teil­nehmer dar

Die Beobachtung einer Versammlung durch die Polizei mittels Kameras und die Übertragung der Bilder in die Einsatz­leit­stelle ohne die Einwilligung der Versamm­lungs­teil­nehmer stellt auch dann einen Eingriff in die Versamm­lungs­freiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) und das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung (Art. 2 Abs. 1 i.Vm. Art. 1 Abs. 1 GG) dar, wenn keine Speicherung der Bilder erfolgt. Mit dieser Begründung hat das Verwal­tungs­gericht Berlin der Klage einer Bürge­r­i­n­i­tiative und eines Versamm­lungs­teil­nehmers stattgegeben, welche die Rechts­wid­rigkeit des polizeilichen Vorgehens gerügt hatten.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte einer der Kläger im September 2009 eine vom Hauptbahnhof zum Brandenburger Tor führende Demonstration veranstaltet. Dieser Aufzug wurde während seiner Dauer durch die Polizei von einem Kamerawagen aus gefilmt. Die Bilder überspielte die Polizei im so genannten 'Kamera-Monitor-Verfahren' in Echtzeit in die Einsatz­leit­stelle. Eine Speicherung der Daten erfolgte nicht. Der Polizei­prä­sident begründete die Aufnahmen mit der Notwendigkeit, sich in der Einsatz­leit­stelle ein Bild der Lage vor Ort machen und gegebenenfalls verkehrs­lenkende Maßnahmen vornehmen zu können. Die Kläger meinten demgegenüber, die Teilnehmer der Versammlung würden durch die Kamerapräsenz eingeschüchtert und durch das Gefühl des Beobachtetseins möglicherweise sogar auf eine Teilnahme an der Versammlung verzichten.

Für den Teilnehmer sei es nicht erkennbar, ob neben der Übertragung der Bilder in Echtzeit auch eine Speicherung der Daten erfolge

Das Verwal­tungs­gericht Berlin ist der Argumentation der Kläger gefolgt. Das bloße Beobachten und Anfertigen von Übersichts­auf­nahmen durch die Polizei, verbunden mit der technischen Möglichkeit des gezielten Heranzoomens einzelner Teilnehmer einer Versammlung, sei ein Eingriff in den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit. Der einzelne Versamm­lungs­teil­nehmer könnte durch das Gefühl des Beobachtetseins ungewollt eingeschüchtert und möglicherweise von einer Teilnahme an einer Versammlung abgehalten werden. Für den Teilnehmer sei es nicht erkennbar, ob neben der Übertragung der Bilder in Echtzeit auch eine Speicherung der Daten erfolge. Darüber hinaus liege hier auch ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung der Versamm­lungs­teil­nehmer vor. Für dieses polizeiliche Handeln sei eine gesetzliche Rechtsgrundlage erforderlich, die das geltende Versamm­lungsrecht im Land Berlin jedoch nicht vorsehe.

Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Berlin

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