24.11.2024
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Dokument-Nr. 30335

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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss31.05.2021

Pauschales berlinweites Wechselmodell an Grundschulen rechtswidrigHöhere Inzidenzwerte rechtfertigten Wechselmodell nicht

Das Verwal­tungs­gericht Berlin hat Eilanträgen einer Schülerin und eines Schülers der Primarstufe einer Grundschule auf Wiederaufnahme der Präsenz­be­schulung im Regelbetrieb stattgegeben.

Gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 der Zweiten SARS-CoV-2-Infek­ti­o­ns­schutz­maß­nah­me­ver­ordnung darf an Schulen Lehrbetrieb in Präsenz grundsätzlich nicht stattfinden. Die Schul-Hygiene-Covid-19-Verordnung lässt hiervon Abweichungen für die an das Infek­ti­o­ns­ge­schehen angepasste Wiederaufnahme des Lehrbetriebs zu und sieht dabei Beschränkungen des Präsen­z­un­ter­richts vor. Im Falle der Antragstellerin und des Antragstellers führt die Schule derzeit einen Wechsel­un­terricht in halbierter Klassenstärke durch.

Schüler sehen sich in Grundrechten verletzt und begehren Vollbeschulung

Gegen dieses Beschu­lungs­modell setzen sie sich mit einem Eilantrag vor dem Verwal­tungs­gericht zur Wehr. Sie sehen sich in ihren Grundrechten verletzt und begehren eine Vollbeschulung. Der Antragsgegner verteidigt die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung unter anderem mit den höheren Inzidenz-Werten in der Gruppe der Schülerinnen und Schüler.

VG bejahrt Anspruch auf Vollbeschulung unter Beachtung der geltenden Schutzmaßnahmen

Das VG Berlin hat den Eilanträgen stattgegeben. Die Antragstellerin und der Antragsteller könnten in ihren Bezirken eine Vollbeschulung unter Beachtung der im Übrigen geltenden infek­ti­o­ns­schutz­recht­lichen Schutzmaßnahmen beanspruchen. Der Antragsgegner habe im Regelfall die Beschulung im Präsenzbetrieb vorgesehen. Bisher habe er dem Anspruch auf unein­ge­schränkte Beschulung mit Erfolg die Regelungen zum Infek­ti­o­ns­schutz entge­gen­ge­halten. Der Spielraum des Gesetz- bzw. Verord­nungs­gebers bei der Wahl der notwendigen Schutzmaßnahmen sei im Verlauf der Pandemie - etwa wegen besonders schwerer Grund­rechts­be­las­tungen und wegen zunehmend greifender alternativer Maßnahmen wie der forts­chrei­tenden Impfung der Bevölkerung und der geschaffenen Testmög­lich­keiten geringer geworden.

Inzidenzwert für Unterrichtsform entscheidend

Nach § 28 b Abs. 3 Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz dürfe Präsenzunterricht nur in Form von Wechsel­un­terricht angeboten werden, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufein­an­der­fol­genden Tagen den Schwellenwert von 100 überschreite. Überschreite die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinander folgenden Tagen die 165, sei ein Präsen­z­un­terricht untersagt. Der Bundes­ge­setzgeber habe mit der Festlegung der Inzidenzwerte den Maßstab und die Schwellenwerte bestimmt, anhand derer eine infek­ti­o­ns­schutz­rechtliche Beschränkung des Unter­richts­be­triebs erforderlich erscheine.

Einschät­zungs­spielraum bei berlinweiten pauscha­lie­renden Beschränkung überschritten

In Anwendung dieser Maßstäbe habe der Verord­nungsgeber seinen Einschät­zungs­spielraum bei der berlinweiten pauscha­lie­renden Beschränkung des Präsen­z­un­ter­richts an Grundschulen überschritten. Die Beschränkung des Unterrichts auf das Wechselmodell diene zwar einem legitimen Zweck (Eindämmung des Infek­ti­o­ns­ge­schehens). Der Antragsgegner habe jedoch angesichts der rückläufigen Infek­ti­o­ns­zahlen nicht hinreichend dargetan, dass die Beschränkung des Schul­un­ter­richts zur Erreichung dieses Zweckes erforderlich sei.

Höheren Inzidenz-Werte rechtfertigten pauschale Anwendung des Wechselmodells nicht

Die höheren Inzidenz-Werte in der Gruppe der Schülerinnen und Schüler rechtfertigten die pauschale Anwendung des Wechselmodells nicht. Es sei zudem nicht dargetan, weshalb die bereits vorhandenen infek­ti­o­ns­schutz­recht­lichen Maßnahmen nicht ausreichten, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Das VG hat den Antragsgegner zur Sicherung der Rechte der Antragstellerin und des Antragstellers daher vorläufig verpflichtet, diese gemäß den Bestimmungen zum Regelbetrieb zu beschulen.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/ab)

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