21.11.2024
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Dokument-Nr. 3445

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Urteil29.11.2006Verwaltungsgericht Berlin1 A 162. 05
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Verwaltungsgericht Berlin Urteil29.11.2006

Entscheidung zum Kultur­schutz­gesetzTeilerfolg der Kläger im Streit um die Musiksammlung „Peters“

Das Verwal­tungs­gericht Berlin verhandelte über die Klage von Nachkommen des jüdischen Verlegers Henri Hinrichsen gegen die Einleitung des „Unter­schutz­stel­lungs­ver­fahrens“ und gegen die Eintragung von 206 Stücken der Musiksammlung „Peters“ aus der Musikbibliothek Leipzig in das Berliner Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes nach dem Kultur­gut­schutz­gesetz von 1955.

Der Musikverlag Peters hatte diese Handschriften, Erstausgaben, Bilder und Briefe im Sommer 2004 von der Musikbibliothek Leipzig herausverlangt und nach Berlin verbracht. Daraufhin leitete die Senats­ver­waltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur das Eintra­gungs­ver­fahren ein. Am 24. Februar 2006 wurde die Eintragung im Berliner Amtsblatt sowie am 9. März 2006 im Bundesanzeiger bekannt gemacht.

Mit der Einleitung des „Unter­schutz­stel­lungs­ver­fahrens“ gilt für die betroffenen Kulturgüter ein absolutes Ausfuhrverbot. Nach der Eintragung muss jede Ausfuhr vom Bundes­be­auf­tragten für Medien und Kultur genehmigt werden.

Die Kläger sind der Auffassung, dass sie nach der Enteignung und Ermordung Henri Hinrichsens durch die Natio­nal­so­zi­a­listen und die erneute Enteignung in der DDR nunmehr durch die Unter­schutz­stellung gleichsam ein drittes Mal enteignet würden. Das „Gesetz zum Schutz deutschen Kulturguts gegen Abwanderung“ sei im Lichte der die Washingtoner Erklärung der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahr 1998 und der Zusatzerklärung der Bundesregierung, der Länder und der Kommunen aus dem Jahr 1999 dahin auszulegen, dass im 3. Reich enteignete Kulturgüter nicht unter seinen Anwen­dungs­bereich fallen würden.

Das Verwal­tungs­gericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Die Einleitung des „Unter­schutz­stel­lungs­ver­fahrens“ sei rechtlich nicht zu beanstanden. Das Kultur­gut­schutz­gesetz, das auf eine Verordnung von 1919 zurückgehe, sei auch auf solche Gegenstände anwendbar, die nach natio­nal­so­zi­a­lis­tischer Verfolgung und Enteignung in der DDR an die Berechtigten zurück übertragen worden seien. Die sog. Washingtoner Erklärung vom Dezember 1998 stehe dem nicht entgegen. Den Besonderheiten des Verfol­gungs­schicksals sei im Rahmen der Entscheidung über die Ausfuhr­ge­neh­migung Rechnung zu tragen.

Die Eintra­gungs­ent­scheidung hingegen hat das Gericht wegen formeller Mängel aufgehoben. Diese sieht es darin, dass das im Gesetz vorgeschriebene „Verzeichnis national wertvollen Kulturguts“ im Lande Berlin nicht gesondert geführt wird; laut Mitteilung der Beklag­ten­ver­treterin in der mündlichen Verhandlung gibt es nur die Akten zu den einzelnen unter Schutz gestellten Kulturgütern. Das vom Bundes­be­auf­tragten für Medien und Kultur für alle Bundesländer zu führende Gesamt­ver­zeichnis sei zuletzt 1919 aktualisiert worden. Die somit fehlende Eintragung in das Verzeichnis national wertvollen Kulturguts könne zwar durch die zusätzlich zur Eintragung erforderliche öffentliche Bekanntmachung der Eintragung im Amtsblatt von Berlin ersetzt werden. Die –hier erfolgte – Bekanntmachung sei indes zu unbestimmt. Die Eintragung und Bekanntmachung begründe ein für alle geltendes Verbot, die betroffenen Kulturgüter ohne Genehmigung auszuführen. Deshalb müsse für jedermann erkennbar sein, welche Objekte unter Schutz gestellt seien. Der generelle Hinweis in der Bekanntmachung auf die „Musikbibliothek Peters“, deren Hauptbestand sich nach wie vor in Leipzig befinde und dort ebenfalls unter Schutz gestellt werden soll, und die Angabe, dass von der Eintragung „ca. 204 Stücke“ betroffen seien, genüge den Anforderungen an die Bestimmtheit der Bekanntmachung nicht.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 30/06 des VG Berlin vom 30.11.2006

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