21.11.2024
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Sie sehen einen Müllwagen beim Abholden der Mülltonnen.

Dokument-Nr. 5719

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Beschluss15.02.2008Verwaltungsgericht AugsburgAu 4 S 08.2
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Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss15.02.2008

Kampf ums Altpapier: Entsorgung von Papier und Pappe durch entsprechende Firmen kann nicht verboten werdenGrünes Licht für die blaue Tonne

Die Landkreise können Entsor­gungs­firmen nicht das gewerbliche Sammeln von Papier, Pappe und Kartonagen in eigens dafür aufgestellten Tonnen verbieten. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Augsburg entschieden.

Das Verwal­tungs­gericht Augsburg hat dem Antrag der Firma SULO Süd GmbH & Co. KG gegen einen Bescheid des Landratsamts Unterallgäu vom 27. Dezember 2007 stattgegeben. Mit diesem Bescheid war der Antragstellerin mit sofortiger Wirkung untersagt worden, im Landkreis Unterallgäu gewerbliche Sammlung von Papier, Pappe- und Karto­na­ge­ab­fällen (PPK-Abfällen) aus privaten Haushalten durchzuführen. Weiter wurde das Aufstellen von Altpapiertonnen sowie die Werbung oder Information zum Zwecke der gewerblichen Sammlung von PPK-Abfällen untersagt. Der Antragstellerin wurde ferner aufgegeben, die im Gebiet des Landkreises Unterallgäu (insbesondere im Markt Babenhausen) hierfür bereits aufgestellten Altpapiertonnen bis spätestens 11. Januar 2008 wieder abzuziehen und PPK-Abfälle, die bereits in den schon aufgestellten Altpapiertonnen eingefüllt wurden, dem Landkreis Unterallgäu zu überlassen. Das Landratsamt Unterallgäu hat die sofortige Vollziehung dieser Regelungen angeordnet und der Antragstellerin für den Fall der Zuwiderhandlung Zwangsgelder angedroht.

Das Verwal­tungs­gericht Augsburg hat die aufschiebende Wirkung der ebenfalls erhobenen Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Landratsamts Unterallgäu mit der Begründung wieder­her­ge­stellt bzw. angeordnet, dass ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden. So spreche bereits vieles dafür, dass ein bestehender oder unmittelbar bevorstehender Verstoß gegen abfall­rechtliche Normen des Kreis­l­auf­wirt­schafts- und Abfallgesetzes nicht vorliege. Zumindest erscheine die strikte Untersagung des Vorhabens der Antragstellerin als mit dem Verhält­nis­mä­ßig­keits­grundsatz nicht vereinbar. Der Auffassung des Antragsgegners und des Beigeladenen, des Landkreises Unterallgäu, das Vorhaben der Antragstellerin sei abfallrechtlich unzulässig, weil dadurch gegen die Verpflichtung zur Überlassung der PPK-Abfälle an den Beigeladenen als öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­träger verstoßen werden, könne nicht gefolgt werden. Die Pflicht zur Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­träger bestehe nicht, wenn Abfälle durch gewerbliche Sammlungen einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt würden und überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegen stünden. Nach dem Grundkonzept des Kreis­l­auf­wirt­schafts- und Abfallgesetzes sei die Abfal­l­ent­sorgung nicht mehr eine öffentliche Daseinsvorsorge, sondern primär eine Pflicht des Abfallerzeugers und Abfallbesitzers zur Verwertung bzw. zu gemein­wohl­ver­träg­licher Beseitigung. Das Gericht hege keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Antragstellerin die mit der "Blauen Tonne" einzusammelnden PPK-Abfälle einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zuführen werde. Sie habe einen Abnahmevertrag mit einem Abfall­ver­wer­tungs­betrieb vorgelegt. Darüber hinaus handle es sich bei der Antragstellerin um einen zertifizierten Entsor­gungs­fach­betrieb. Die Antragstellerin werde auch von anderen öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­trägern mit der Verwertung von PPK-Abfällen beauftragt.

Dem Vorhaben der Antragstellerin stünden auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen. Die Sammlung solle nur im Markt Babenhausen und möglicherweise in zwei weiteren Gemeinden, nicht jedoch in sämtlichen Gemeinden des Landkreises Unterallgäu stattfinden. Der Antragsgegner und der Beigeladene hätten nicht überzeugend darlegen können, dass bei der Durchführung der geplanten gewerblichen Sammlungen die Funkti­o­ns­fä­higkeit des Abfal­l­ent­sor­gungs­systems des Landkreises Unterallgäu in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werde. Selbst wenn es zuträfe, dass den Landkreis­bürgern Mehrkosten bei der Abfal­l­ent­sor­gungs­gebühr entstünden, könne nach Ansicht der Kammer noch nicht von einer Gebüh­ren­über­for­derung die Rede sein. Dass das Entsor­gungs­system einschließlich des Wertstoff­hof­systems nicht mehr betrie­bs­wirt­schaftlich sinnvoll weitergeführt werden könne, dränge sich nicht auf, sondern erscheine eher unwahr­scheinlich. Nachdem die Aufrecht­er­haltung einer öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­mög­lichkeit für PPK-Abfälle gesetzlich geboten sei, habe der öffentlich-rechtliche Entsor­gungs­träger auch dann Entsor­gungs­mög­lich­keiten vorzuhalten, wenn die Abfälle ganz oder zum großen Teil durch gewerbliche oder gemeinnützige Sammlungen erfasst und außerhalb des öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­systems verwertet würden. Es sei dem beigeladenen Landkreis im Übrigen rechtlich nicht verwehrt, ein eigenes öffentlich-rechtliches Holsystem für PPK-Abfälle aufzubauen. Nachdem sich der Beigeladene in dem von ihm mit Dritten abgeschlossenen Verträgen bezüglich der Überlassung und Vermarktung der ihm überlassenen PPK-Abfälle nicht verpflichtet habe, bestimmte Mindestmengen an PPK-Abfällen zu überlassen, stünden diese Verträge dem Vorhaben der Antragstellerin nicht entgegen.

Bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen sei insbesondere auch berücksichtigt worden, dass das Vorhaben der Antragstellerin von Gesetzes wegen keiner Gestattung bedürfe. Schließlich sei auch nicht ersichtlich, dass durch den Wegfall des beschränkten Anteils an PPK-Abfällen, den die Antragstellerin bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache einsammle und einer gewerblichen Verwertung zuführen könne, eine wesentliche, nicht ausgleichbare Beein­träch­tigung des Entsor­gungs­systems des Beigeladenen verursacht werde. Nach alledem sprächen gewichtige Gründe dafür, dass der angefochtene Bescheid im Haupt­sa­che­ver­fahren keinen Bestand haben werde. Es sei daher sach- und inter­es­sens­gerecht, dem Eil-Antrag stattzugeben.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Augsburg vom 21.02.2008

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