Der klagende Polizeibeamte hatte 2004 in Hagen eine so genannte Gefährderansprache bei einer Person durchgeführt, gegen die Strafanzeigen wegen telefonischer Bedrohungen der früheren Ehefrau vorlagen. Nachdem der Beamte mehrfach vergeblich versucht hatte, den Täter in seiner Wohnung aufzusuchen, gelang es ihm an einem Freitag im Mai 2004, die Ansprache telefonisch durchzuführen. Am folgenden Tag erschoss der Täter seine Exfrau. Die Tat war Gegenstand einer Besprechung der Polizei am nächsten Montag, an welcher der Kläger teilnahm. Nachdem die Familie des Opfers Zweifel am Vorgehen der Polizei geäußert hatte, führte diese eine interne Untersuchung durch. Dabei wurde festgestellt, dass sich der Beamte korrekt verhalten hatte. Seine Krankmeldungen häuften sich jedoch. Der behandelnde Facharzt bescheinigte ihm 2005 eine Angststörung sowie eine posttraumatische Belastungsstörung im Zusammenhang mit der Gefährderansprache und dem Tötungsgeschehen. Inzwischen befindet sich der Kläger wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig im Ruhestand.
Seinen Antrag, die mit der Gefährderansprache und dem Tötungsdelikt zusammenhängenden Umstände als Dienstunfall anzuerkennen, lehnte das Polizeipräsidium Hagen ab. Nach der polizeiärztlichen Stellungnahme sei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den angeführten Umständen und der Erkrankung nicht gegeben.
Die Klage des Polizeibeamten, mit der er die Anerkennung als Dienstunfall weiter verfolgt, hat das Verwaltungsgericht Arnsberg abgewiesen. Zur Begründung führt das Gericht aus.
Unabhängig von der Ursächlichkeit des Geschehens für die Erkrankung des Klägers seien bereits die begrifflichen Anforderungen an einen Dienstunfall im Sinne des Beamtenversorgungsrechtes nicht erfüllt. Nur ein auf äußerer Einwirkung beruhendes Ereignis, das einen Körperschaden verursache und in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten sei, könne einen Dienstunfall bilden. Unfallereignisse und Körperbeschädigungen, die auf eine besondere körperliche oder seelische Veranlagung oder auf willentliches Verhalten des Beamten zurückgingen, reichten nicht aus. Der Dienstherr trage nicht unbeschränkt das wirtschaftliche Risiko für alle von den Beamten in Ausübung oder infolge des Dienstes erlittene Schäden. Auch bei ausbleibender Dienstleistung des Beamten habe dieser zwar grundsätzlich einen Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf weitere Leistungen im Rahmen der Beihilfe. Die darüber hinausgehende Unfallfürsorge nach den Dienstunfallvorschriften setze jedoch einen Unfall voraus, den der Beamte in innerem Zusammenhang mit seiner Dienstleistung erlitten habe. Für die Unfallfürsorge bestehe kein Anlass bei Vorgängen, die im Rahmen des Dienstverhältnisses üblich und selbstverständlich seien. Derartige Vorkommnisse könnten den Dienstunfallbegriff von vornherein nicht erfüllen. Eine äußere Einwirkung im Sinne des Dienstunfallrechts sei folglich bei Vorgängen zu verneinen, die im Rahmen des Dienstverhältnisses üblich („an der Tagesordnung“) seien und kein objektiv erkennbares Schädigungspotential hätten.
Hiervon ausgehend seien die Vorgänge vom Mai 2004 nicht als eine äußere Einwirkung zu beurteilen, die einen Dienstunfall begründen könnte. Nach der Schilderung des Klägers habe der Täter die Bedrohungen in dem Telefonat abgestritten und das Gespräch von sich aus abgebrochen. Am folgenden Montag sei das Tötungsdelikt Gegenstand der regelmäßig stattfindenden Frühbesprechung gewesen. Dabei seien auch erkennungsdienstliche Fotos vom Tatort gezeigt worden, deren Anblick nicht schrecklich gewesen sei. Schon an diesem Tag sei schnell klar geworden, dass man ihm keinen Vorwurf machen könne. Aufgrund der Vorhaltungen der Angehörigen habe noch eine interne Untersuchung stattgefunden. Die Staatsanwaltschaft habe jedoch keine Ermittlungen gegen ihn eingeleitet.
Bei dieser Sachlage habe es sich um einen Vorgang im Rahmen des normalen Dienstbetriebes gehandelt. Besondere Umstände, die ein Schädigungspotential zu Lasten des Klägers erkennen ließen, habe es nicht gegeben. Insbesondere sei der Kläger weder während der Dienstbesprechung noch danach verbal angegriffen worden. Die Überprüfungen hätten bereits nach kurzer Zeit ergeben, dass sein Verhalten dienstlich nicht zu beanstanden gewesen sei. Ein solcher „normaler“ dienstlicher Vorgang könne keinen Dienstunfall im Sinne des Beamtenversorgungsrechtes darstellen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.02.2010
Quelle: ra-online, VG Arnsberg