15.11.2024
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Dokument-Nr. 3160

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Verwaltungsgericht Aachen Beschluss06.04.2006

Keine zwangsweise Entnahme einer Speichelprobe im Rahmen erken­nungs­dienst­licher BehandlungNur Richter und Staatsanwälte haben Befähigung zur Anordnung

Im Rahmen einer erken­nungs­dienst­lichen Behandlung darf keine Speichelprobe entnommen werden. Die Anordnung einer solchen Maßnahme ist Richtern und bei Gefahr in Verzug Staatsanwälten vorbehalten. Das hat das Verwal­tungs­gericht Aachen entschieden und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen eine Polizei­ve­r­fügung wieder­her­ge­stellt.

Gegen den Antragsteller wird derzeit u. a. wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung, Vergewaltigung, der Verbreitung porno­gra­phischer Schriften an Personen unter 18 Jahren, der Beleidigung sowie der Bedrohung förmlich ermittelt. Im Rahmen dieses Ermitt­lungs­ver­fahrens erließ die für den Wohnort des Antragstellers zuständige Kreis­po­li­zei­behörde in Form einer Polizei­ve­r­fügung eine Vorladung zur erken­nungs­dienst­lichen Behandlung, die unter anderem auch die Entnahme einer Speichelprobe umfasste. Hiergegen wandte sich der Antragsteller erfolgreich.

In der Begründung führte die Kammer aus, dass die Anordnung rechtswidrig sei, soweit die erken­nungs­dienstliche Behandlung auch die Entnahme einer Speichelprobe umfasse. Diese Maßnahme sei, von der zugrun­de­lie­genden gesetzlichen Vorschrift des § 81 b 2. Alt. der Straf­pro­zess­ordnung (StPO) nicht gedeckt. Danach dürften zwar Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erken­nungs­dienstes notwendig ist. Die angeordnete Aufnahme von Zehnfin­ge­rab­rücken, die Aufnahme eines dreiteiligen Lichtbildes (Profil, Portrait und Halbprofil), die Fertigung einer Ganzaufnahme sowie die Aufnahme von Handflä­che­n­ab­drucken zählten zu den erken­nungs­dienst­lichen Maßnahmen im Sinne des § 81 b 2. Alt. StPO. Die Vorschrift ermächtige jedoch nicht die Polizeibehörden, in eigener Zuständigkeit die Entnahme einer Speichelprobe anzuordnen. Hierfür stünden nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers andere rechtliche Verfahren ( §§ 81 a, 81 e, § 81 g StPO, letzteres ausdrücklich zu präventiv-polizeilichen Zwecken) zur Verfügung. Diese Verfahren, für deren Anordnung in der Regel ein Richter, bzw. bei Gefahr im Verzug die Staats­an­walt­schaft zuständig ist, nicht aber die Polizeibehörde, seien zum Schutz des Betroffenen an strengere Voraussetzungen gebunden. Diese höheren Anforderungen dürften nicht durch die Einbindung in eine polizeilich angeordnete erken­nungs­dienstliche Behandlung unterlaufen werden. Die Entnahme einer Speichelprobe komme hier allenfalls bei Freiwilligkeit des Betroffenen in Betracht. Die Anordnung der weiteren gegenüber dem Antragsteller angeordneten erken­nungs­dienst­lichen Behandlungen sah die Kammer als rechtmäßig und im Hinblick auf hinreichende Anhaltspunkte auf eine Wieder­ho­lungs­gefahr als verhältnismäßig an.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Aachen vom 12.04.2006

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