Dokument-Nr. 3160
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Verwaltungsgericht Aachen Beschluss06.04.2006
Keine zwangsweise Entnahme einer Speichelprobe im Rahmen erkennungsdienstlicher BehandlungNur Richter und Staatsanwälte haben Befähigung zur Anordnung
Im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung darf keine Speichelprobe entnommen werden. Die Anordnung einer solchen Maßnahme ist Richtern und bei Gefahr in Verzug Staatsanwälten vorbehalten. Das hat das Verwaltungsgericht Aachen entschieden und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen eine Polizeiverfügung wiederhergestellt.
Gegen den Antragsteller wird derzeit u. a. wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung, Vergewaltigung, der Verbreitung pornographischer Schriften an Personen unter 18 Jahren, der Beleidigung sowie der Bedrohung förmlich ermittelt. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens erließ die für den Wohnort des Antragstellers zuständige Kreispolizeibehörde in Form einer Polizeiverfügung eine Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, die unter anderem auch die Entnahme einer Speichelprobe umfasste. Hiergegen wandte sich der Antragsteller erfolgreich.
In der Begründung führte die Kammer aus, dass die Anordnung rechtswidrig sei, soweit die erkennungsdienstliche Behandlung auch die Entnahme einer Speichelprobe umfasse. Diese Maßnahme sei, von der zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschrift des § 81 b 2. Alt. der Strafprozessordnung (StPO) nicht gedeckt. Danach dürften zwar Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Die angeordnete Aufnahme von Zehnfingerabrücken, die Aufnahme eines dreiteiligen Lichtbildes (Profil, Portrait und Halbprofil), die Fertigung einer Ganzaufnahme sowie die Aufnahme von Handflächenabdrucken zählten zu den erkennungsdienstlichen Maßnahmen im Sinne des § 81 b 2. Alt. StPO. Die Vorschrift ermächtige jedoch nicht die Polizeibehörden, in eigener Zuständigkeit die Entnahme einer Speichelprobe anzuordnen. Hierfür stünden nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers andere rechtliche Verfahren ( §§ 81 a, 81 e, § 81 g StPO, letzteres ausdrücklich zu präventiv-polizeilichen Zwecken) zur Verfügung. Diese Verfahren, für deren Anordnung in der Regel ein Richter, bzw. bei Gefahr im Verzug die Staatsanwaltschaft zuständig ist, nicht aber die Polizeibehörde, seien zum Schutz des Betroffenen an strengere Voraussetzungen gebunden. Diese höheren Anforderungen dürften nicht durch die Einbindung in eine polizeilich angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung unterlaufen werden. Die Entnahme einer Speichelprobe komme hier allenfalls bei Freiwilligkeit des Betroffenen in Betracht. Die Anordnung der weiteren gegenüber dem Antragsteller angeordneten erkennungsdienstlichen Behandlungen sah die Kammer als rechtmäßig und im Hinblick auf hinreichende Anhaltspunkte auf eine Wiederholungsgefahr als verhältnismäßig an.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.10.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Aachen vom 12.04.2006
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