21.11.2024
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Urteil06.03.2007Verwaltungsgericht Aachen2 K 2560/05
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil06.03.2007

Zur Zuständigkeit zur Erteilung einer Gemein­schafts­lizenz für den grenz­über­schrei­tenden Güter­kraft­verkehr

Die Zuständigkeit zur Erteilung einer (EU-bezogenen) Gemein­schafts­lizenz für den grenz­über­schrei­tenden Güter­kraft­verkehr ist nicht auf den Mitgliedstaat beschränkt, in dem das Unternehmen seine Haupt­nie­der­lassung hat. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Aachen entschieden.

Die Erteilung einer Gemein­schafts­lizenz für den grenz­über­schrei­tenden Güter­kraft­verkehr nach Art. 3 Abs. 2 VO-EWG 881/92, die von einer Zweignie­der­lassung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht ("Limited") im Bundesgebiet beantragt wird, darf nicht unter Hinweis auf den satzungsmäßigen Sitz der Gesellschaft in Großbritannien abgelehnt werden. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Aachen.

Die Klägerin, ein Güter­trans­port­un­ter­nehmen, ist die Zweignie­der­lassung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht ("private company limited bei shares"), die ihren Sitz in Birmingham/Großbritannien hat und im zentralen englischen Handelsregister registriert ist. Die tatsächliche Durchführung geschäftlicher Aktivitäten erfolgt ausschließlich von Stolberg aus, wo das Gewerbe auch angemeldet ist. Mitte 2005 beantragte die Klägerin beim Straßen­ver­kehrsamt Aachen (Beklagter) eine Gemein­schafts­lizenz für den grenz­über­schrei­tenden gewerblichen Güter­kraft­verkehr. Dabei gab die Klägerin an, in Großbritannien keinen Antrag auf Erteilung einer Gemein­schafts­lizenz gestellt zu haben, da nach Auffassung der dortigen Behörden nicht der Staat des Hauptsitzes der Gesellschaft, sondern der Staat der tatsächlichen Niederlassung für die Erteilung zuständig sei. Der Beklagte lehnte den Antrag ab, weil er sich für örtlich nicht zuständig hielt. Nach der EU- Verordnung werde die begehrte Lizenz einem gewerblichen Güter­ver­kehrs­un­ter­nehmer erteilt, der in einem Mitgliedstaat (Nieder­las­sungsstaat) gemäß dessen Rechts­vor­schriften niedergelassen sei. Die Klägerin sei in Großbritannien in das Handelsregister eingetragen und somit in Großbritannien niedergelassen, weshalb der Antrag dort zu stellen sei. Das Gericht folgte dieser Auffassung nicht. Unter Berück­sich­tigung des durch Art. 43 und 48 EGV (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) gewährleisteten Nieder­las­sungs­rechts sei die Klägerin mit ihrer Zweignie­der­lassung in Stolberg in der Bundesrepublik "niedergelassen". Als "Niederlassung" im europa­recht­lichen Sinne sei jede feste Einrichtung, die der tatsächlichen Ausübung einer selbständigen Erwer­b­s­tä­tigkeit dienen soll, zu sehen.

Die Klägerin betreibe ihr Güter­ver­kehrs­un­ter­nehmen allein von Stolberg aus, lediglich der satzungsmäßige Sitz sei in Großbritannien. Der Wortlaut der maßgeblichen Vorschriften (Art.3 und 5 VO-EWG 881/92) enthalte auch keine Hinweise darauf, dass lediglich die sog. primäre Niederlassungen, d.h. Neugründung oder Übersiedlung einer Haupt­nie­der­lassung erfasst werden sollen. Vielmehr müsse davon auszugehen sein, dass auch sog. sekundäre Niederlassungen, d.h. Fälle, in denen abhängige Zweigstellen in einem anderen Mitgliedstaat unter Beibehaltung der bisherigen (Haupt-) Niederlassung begründet werden, einbezogen seien. Eine einschränkende - nationale - Auslegung des Begriffes "niederlassen", die lediglich sog. primäre Niederlassungen erfasse, d.h. im Falle von Gesellschaften allein auf den "Gründungsstaat" als Nieder­las­sungsstaat bzw. auf den (Haupt-)Sitz der Gesellschaft abstellt, sei nicht mit der von Art. 43 und 48 EGV gewährleisteten Nieder­las­sungs­freiheit vereinbar.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Aachen vom 26.04.2007

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