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Dokument-Nr. 5256

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Thüringer Verfassungsgerichtshof Urteil05.12.2007

Thüringer Volksbegehren zur Familienpolitik ist unzulässigAbgaben­re­ge­lungen im Begehren sind verfas­sungs­rechtlich verboten

Der Thüringer Verfas­sungs­ge­richtshof hat seine Entscheidung über den Antrag der Landesregierung, das Volksbegehren „Für eine bessere Familienpolitik in Thüringen“ wegen eines Verstoßes gegen die Thüringer Verfassung für unzulässig zu erklären, verkündet.

Der Verfas­sungs­ge­richtshof hat das Volksbegehren gestoppt. Er hat entschieden, dass das Volksbegehren unzulässig ist. Damit hat das Verfahren vorzeitig sein Ende gefunden. Zur Begründung führt das Gericht aus, der Gesetzentwurf verstoße gegen Art. 82 Abs. 2 ThürVerf, weil er Regelungen „zu Abgaben“ enthalte. Dieser Verstoß führe zur Gesamt­nich­tigkeit des Entwurfs. Die Entscheidung ist mit fünf zu vier Stimmen ergangen. Drei Richter haben ihre von der Mehrheit abweichende Auffassung in Sondervoten niedergelegt.

Im Einzelnen führt der Verfas­sungs­ge­richtshof in seinem Urteil aus, dass der Antrag der Landesregierung zulässig und begründet sei. In der Sache sei der Gesetzentwurf des Trägerkreises umfassend zu prüfen. Die Prüfung sei weder gegenständlich noch hinsichtlich des Prüfungs­maß­stabes zu beschränken gewesen.

Der Volks­ge­set­z­entwurf verstoße gegen das Verbot von Volksbegehren „zu Abgaben“ des Art. 82 Abs. 2 ThürVerf. Die im Entwurf des Volksgesetzes vorgesehenen Regelungen zielten nämlich unter anderem darauf ab, § 20 ThürKitaG zu ändern und die Höhe der Elternbeiträge zur Finanzierung der Inanspruchnahme der Kinder­ta­gess­tätten dadurch zu begrenzen, dass der auf alle Eltern einer Einrichtung entfallende prozentuale Anteil an den Betriebskosten auf den durch­schnitt­lichen Stand des Jahres 2005 festgeschrieben werde. Das letzte Jahr vor der Einschulung sollte künftig beitragsfrei gestellt werden. Die „Elternbeiträge“ seien rechtlich als Gebühren einzuordnen und unterfielen deshalb dem Abgabenbegriff des Art. 82 Abs. 2 ThürVerf, der auch solche Regelungen zu kommunalen Abgaben erfasse.

Die aus diesem Verstoß gegen das Verbot von Volksgesetzen „zu Abgaben“ folgende Unzulässigkeit dieser Regelungen führe zur Unzulässigkeit des gesamten Volks­ge­set­z­entwurfs. Der Gesetzentwurf sei nicht in einen (unzulässigen) abgaben­wirksamen und einen (zulässigen) vom Verbot von Volksbegehren „zu Abgaben“ unabhängigen Teil aufteilbar. Es fehle an der erforderlichen Teilbarkeit.

In Thüringen fehle es nämlich aufgrund der Bestimmungen im Thüringer Gesetz über das Verfahren bei Bürgerantrag, Volksbegehren und Volksentscheid zum einen an der rechtlichen Möglichkeit, volksinitiierte Gesetzentwürfe während des laufenden Volks­ge­setz­ge­bungs­ver­fahrens abzuändern.

Zum anderen könne der Entwurf auch aus Gründen des materiellen Verfas­sungs­rechts nicht aufgeteilt werden. Es fehle an der hinreichend sicheren Feststellung, dass die ohne Abgaben­re­ge­lungen verbleibenden Bestimmungen des Volks­ge­set­z­entwurfs übereinstimmend in den gemeinsamen Willen der Unterstützer aufgenommen worden wären. Dem Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens müsse ein Gesetzentwurf zugrunde liegen, der objektiv vom Willen der Unterzeichner gedeckt sei.

Sei dieser ‘gemeinsame Nenner’ für die Vereinigung von mindestens 5.000 Stimm­be­rech­tigten nicht mehr feststellbar, weil ein Teil des Gesetzentwurfs wegen Verfas­sungs­wid­rigkeit wegfalle und ein Einfluss der beanstandeten Teile auf den Entschluss zu unterschreiben nicht unwahr­scheinlich sei, fehle es an der überein­stim­menden Aufnahme des Gesetzentwurfs in den gemeinsamen Willen der Unterzeichner. So verhalte es sich hier: Gerade weil es sich bei den verfas­sungs­widrigen Regelungen in Art. 1 Nr. 16 des Volks­ge­set­z­entwurfs um Bestimmungen handele, die sich unmittelbar finanziell vorteilhaft für die Eltern von Kleinkindern, also potenzielle Unterstützer der Volksinitiative, auswirkten, sei es nicht unwahr­scheinlich, dass die beanstandeten Regelungen zur Zustimmung sehr vieler Menschen geführt hätten. Es liege auf der Hand, dass gerade die finanziellen Auswirkungen des Volksgesetzes für den potenziellen Betrof­fe­nenkreis bestimmend dafür sein können, den Entwurf zu unterstützen oder ihn abzulehnen.

Einer Entscheidung über die zwischen den Beteiligten und in der Öffentlichkeit breit diskutierte Frage, ob zusätzlich gegen das Verbot von Volksbegehren „zum Landeshaushalt“ verstoßen worden sei, habe es deshalb nicht bedurft. Sie sei für das vorliegende Verfahren nicht entschei­dungs­er­heblich gewesen.

Sondervotum des Mitglieds des Verfas­sungs­ge­richtshofs Dr. Zwanziger

Nach Auffassung des Mitglieds des Thüringer Verfas­sungs­ge­richtshofes Dr. Zwanziger kommt der Vorbehalt gegen Volksgesetze „zu Abgaben“ nicht zum Tragen. Der Vorbehalt sei einschränkend auszulegen. Im historischen Prozess der Verfas­sungs­be­ra­tungen seien Anträge nicht Gesetz geworden, nach denen auch Leistungs­gesetze von der Volks­ge­setz­gebung ausgenommen worden wären. Die im Gesetzentwurf enthaltenen Beschränkungen der Erhebung von Kita-Gebühren führten aber letztlich nur dazu, dass dem Haushalt Belastungen auferlegt und damit korre­spon­dierend den Eltern Leistungen erbracht werden. Die Gebüh­ren­struktur, also die Frage, welche Eltern mit den Abgaben für die noch überwälzten Kosten belastet werden sollen, sei nicht berührt. Es liege daher in der Sache ein Leistungsgesetz vor, das lediglich in der Form einer Abgabenregelung ergeht. Damit gebe es keinen Grund es anders zu behandeln als jedes andere Leistungsgesetz auch und es ausschließlich am Haushalts­vor­behalt zu messen. Entscheidend solle der materielle Gehalt eines Gesetzentwurfs nicht seine bloße Rechtstechnik sein.

Sondervotum des Mitglieds des Verfas­sungs­ge­richtshofs Dr. Martin-Gehl

Das Mitglied des Verfas­sungs­ge­richtshofs Dr. Martin-Gehl ist der Ansicht, dass aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des Thüringer Verfas­sungs­ge­richtshofs und des darauf aufbauenden Thüringer Gesetzes über das Verfahren bei Bürgerantrag, Volksbegehren und Volksentscheid (ThürBVVG) grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet ist, einen Volks­ge­set­z­entwurf in der Phase der Zulassung eines Volksbegehrens zu ändern, soweit das Grundanliegen des Volksbegehrens gewahrt bleibt bzw. seine „Herzstücke“ nicht verloren gehen. Die mit dem vorliegenden Volks­ge­set­z­entwurf erhobenen Forderungen stehen gleichwertig nebeneinander und sind jede für sich genommen auf das generelle Ziel gerichtet, in Thüringen eine umfassendere und qualifiziertere Kinderbetreuung sicherzustellen. Das Anliegen des Volksbegehrens wird daher allein durch den Wegfall des Art. 1 Nr. 16 des Gesetzentwurfs nicht berührt.

Im Ergebnis hätte das Volksbegehren allenfalls für teilweise unzulässig erklärt und der Volks­ge­set­z­entwurf unter dem Gesichtspunkt eines etwaigen Eingriffs in den Haushalts­vor­behalt nach Artikel 82 Abs. 2 Thüringer Verfassung weiter geprüft werden müssen.

Sondervotum des Mitglieds des Verfas­sungs­ge­richtshofs Pollak

Das Mitglied des Verfas­sungs­ge­richtshofs Pollak schließt sich der Auffassung der Verfas­sungs­richterin Dr. Martin-Gehl vollinhaltlich an. Sie verweist in ihrem Sondervotum außerdem darauf, dass der vorliegende Rechtsstreit Anlass hätte bieten können, Maßstäbe für den Eingriff in den Haushalts­vor­behalt zu entwickeln, um für künftige Volksbegehren Rechts­si­cherheit zu schaffen. Eine weite Betrach­tungsweise der sogenannten Finan­zaus­schluss­klausel würde in der Praxis dazu führen, dass Volksbegehren praktisch unmöglich wären. Die verfas­sungs­rechtlich gewährten Rechte der Bürger und ihre Einschränkungen, hier durch Art. 82 Abs. 2 ThürVerf, seien grundsätzlich und vorrangig im Interesse der Bürger auszulegen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Thüringer VerfGH vom 05.12.2007

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