21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 8774

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Thüringer Oberlandesgericht Jena Urteil10.11.2009

Notdurft auf fremden Privat­grundstück - Kein Schadensersatz bei Unfall durch herabfallenden StrohballenKeine Schutzmaßnahmen für Personen, die unbefugt das Grundstück betreten, erforderlich

Wer auf ein Privat­grundstück geht, um dort seine Notdurft zu verrichten und dabei von einem herabfallenden Strohballen schwer verletzt wird, kann vom Eigentümer des Grundstücks kein Schadensersatz oder Schmerzensgeld verlangen. Dies entschied das Thüringer Oberlan­des­gericht und änderte ein klage­statt­ge­bendes Urteil der ersten Instanz ab.

Der Kläger verlangte Schadensersatz wegen eines Unfalls, der sich im März 2006 an einem Strohlager ereignet hatte. Dieses befand sich neben einem Feldweg, der von der B 7 in der Nähe von Erfurt-Schmira abzweigt. Auf dem Grundstück des beklagten landwirt­schaft­lichen Betriebes waren große, bis zu 200 kg-schwere Strohballen außen an den Mauerwänden eines ehemaligen Lagers aufgeschichtet. Unter einem herabgestürzten Strohballen wurde der Kläger begraben und schwer verletzt (u.a. Beckenbruch). Im Prozess hat der Kläger behauptet, er sei von der B 7 in den Feldweg abgebogen, habe in der Nähe des Strohlagers gehalten und in dessen Sichtschutz seine Notdurft verrichten wollen, als plötzlich und ohne sein Zutun aus ca. 4m-Höhe ein Strohballen auf ihn herabgestürzt sei.

Landgericht Erfurt sprach 20.000,- EUR Schadensersatz zu

Das Landgericht Erfurt hat der Klage im November 2008 stattgegeben und dem Kläger Schadensersatz in einer Gesamthöhe von knapp 25.000,-- € (darunter ein Schmerzensgeld von 20.000,-- € ) zugesprochen. Dieses Urteil hat das Thüringer Oberlan­des­gericht abgeändert und die Klage auf die Berufung des Beklagten abgewiesen.

OLG: Beklagter hat keine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht verletzt

Der 5. Zivilsenat hat festgestellt, dass sich der Unfall auf einem Privatgrundstück ereignet hat, das der Kläger unbefugt betreten habe. Maßnahmen zum Schutz von Personen, die sich unbefugt auf seinem Grundstück aufhielten, habe der Beklagte nicht treffen müssen. Es fehle deshalb am Haftungsgrund, nämlich der Verletzung einer - dem Kläger gegenüber bestandenen - Verkehrssicherungspflicht.

OLG: Verkehrs­si­che­rungs­pflicht darf nicht in unzumutbarer Weise erweitert werden

Der Beklagte habe - wie es im Urteil heißt - "nicht damit rechnen müssen, dass Autofahrer, die die B 7 befahren, das Strohlager als "Toilette" benutzen werden und somit auch vor eventuellen Gefahren, die von dem Strohlager ausgehen, zu schützen seien. Dies würde die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht für Eigentümer privater Grundstücke in unzumutbarer Weise erweitern und ausdehnen. Der geschützte Personenkreis würde faktisch ins Unermessliche ausgedehnt."

Hintergrund:

Wer in seinem Verant­wor­tungs­bereich eine Gefahrenlage gleich welcher Art für Dritte schafft oder andauern lässt (z.B. durch die Errichtung einer Anlage), hat die allgemeine Rechtspflicht, die Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und zumutbar sind, um Schädigungen Dritter möglichst zu verhindern. Er haftet aber nur dann wegen Verletzung der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht aus § 823 Abs. 1 BGB, wenn die nahe liegende Gefahr besteht, dass Rechtsgüter Dritter verletzt werden können und der tatsächlich zu Schaden gekommene Dritte zu dem Personenkreis gehört, mit dessen Gefährdung üblicherweise zu rechnen ist. An diesem personalen Haftungselement hat es hier nach Auffassung des 5. Zivilsenats gefehlt.

Quelle: ra-online, Thüringer Oberlandesgericht

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