Dokument-Nr. 26303
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Sozialgericht Stuttgart Urteil16.03.2018
Anschaffung einer Notbevorratung stellt keinen unabweisbaren Bedarf gemäß SGB II darZeitlich gestaffelte Anlegung eines Notvorrates auch mit den im Regelbedarf enthaltenen und vorrangig anzugehenden Ansparpotenzialen möglich
Das Sozialgericht Stuttgart hat entschieden, dass auch in Ermangelung einer Erwerbstätigkeit eines Hilfebedürftigen die Anschaffung einer Notbevorratung keinen unabweisbaren Bedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II darstellt.
Im zugrunde liegenden Fall beantragte die Klägerin im August 2018 einen Kostenvorschuss zur Übernahme für eine einmalige Notbevorratung in Höhe von insgesamt 250 Euro und verwies hierbei auf eine Empfehlung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe aus dem Jahr 2016. Die einmalige Beihilfe solle Bedarfe wie Lebensmittel, Wasser, Haushaltsgegenstände, Hygieneartikel und Medikamente enthalten. Die Beklagte lehnte den Antrag ab und verwies darauf, dass der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens umfasse. Der Regelbedarf werde als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entschieden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich, wobei sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedürfnisse zu berücksichtigen hätten. Könne im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringe die Agentur für Arbeit den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewähre dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Ein zusätzlicher Bedarf für die Anschaffung eines Notvorrates für Katastrophenfälle über den Regelbedarf hinaus sei bei Leistungen nach dem SGB II indes nicht vorgesehen, zumal es sich lediglich um eine Empfehlung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe handele.
Klage vor dem SG erfolglos
Das Sozialgericht Stuttgart wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Bei den Kosten für die Anschaffung einer Notbevorratung gemäß der Empfehlung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe handele es sich um einen laufenden, nicht nur einmaligen besonderen, jedoch nicht um einen unabweisbaren Bedarf i. S. d. § 21 Abs. 6 SGB II. Ein unabweisbarer besonderer Bedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II sei sowohl durch materielle als auch zeitliche Aspekte bestimmt. Unabweisbar sei ein besonderer Bedarf, wenn und soweit die Nichtdeckung des Bedarfs einen grundrechtlich erheblichen Nachteil bewirke bzw. ein solcher zumindest konkret drohe. Die Bedarfsdeckung dürfe nicht aufschiebbar sein, ein Abwarten oder Hinausschieben der Bedarfsdeckung dürfe also im Hinblick auf die von der besonderen Bedarfslage tangierte Grundrechtsrelevanz nicht zumutbar sein. Auch in Ermangelung einer Erwerbstätigkeit des Hilfebedürftigen stelle die Anschaffung einer Notbevorratung keinen unabweisbaren Bedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II dar. Mit den im Regelbedarf enthaltenen und vorrangig anzugehenden Ansparpotenzialen sei eine zeitlich gestaffelte Anlegung eines Notvorrates möglich. Die Nichtausschließbarkeit eines Katastrophen- oder Kriegsfalles, die einen Rückgriff auf einen Notvorrat an Lebensmitteln erfordern könnten, möge eine Notbevorratung zwar sinnvoll erscheinen lassen, mit dem aktuell gewährten Regelbedarf sei der grundrechtlich gewährte Schutz von Leben und der Gesundheit jedoch ausreichend gesichert.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.08.2018
Quelle: Sozialgericht Stuttgart/ra-online
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