Sozialgericht München Urteil22.05.2023
Unfall beim Homeschooling als ArbeitsunfallAufstehen und Herbeiholen eines Buches steht im engen Zusammenhang mit dem Unterricht und ist als Arbeitsunfall anzuerkennen
Erleidet eine Schülerin während einer Unterrichtsveranstaltung im Homeschooling einen Unfall, so kann dies ein Fall für die gesetzliche Unfallversicherung sein. Dies hat das Sozialgericht München entschieden.
Die damals 13-jährige Klägerin nahm während der Corona-Pandemie von zuhause aus an Lehrveranstaltungen mittels Videotechnik (Homeschooling) teil. Während einer dieser Unterrichtseinheiten stürzte die Klägerin, als sie sich ein Buch holen wollte, und verletzte sich dabei nicht unerheblich im Gesicht. Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Zwar seien Schüler beim Besuch des Unterrichts unfallversichert. Es bestehe aber kein Versicherungsschutz, wenn Tätigkeiten im Rahmen einer "Stillarbeit" selbständig zuhause ohne Beaufsichtigung und Anleitung durch die Schule durchgeführt würden. Da bei der fraglichen Veranstaltung die Kameras und Mikrofone der Schüler abgeschaltet gewesen waren, hätte die Lehrkraft keine Aufsicht ausüben können.
SG: Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen
Das Sozialgericht München hat dies anders gesehen: Das Aufstehen und Herbeiholen eines Buches stehe in einem engen Zusammenhang mit dem Unterricht. Der Versicherungsschutz sei dadurch nicht unterbrochen worden. Nicht entscheidend sei es dabei, dass Kameras und Mikrofone ausgeschaltet waren. Die Lehrkraft habe zu jeder Zeit über einzelne Anweisungen zum Bedienen der Geräte in Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern treten können. Mit der Änderung der gesetzlichen Vorschriften zur Unfallversicherung habe der Gesetzgeber mittlerweile klargestellt, dass auch die Arbeit im Homeoffice in gleicher Weise versichert sei wie die Arbeit im Betrieb. Aus diesem Grund sei auch der Unfall der Schülerin als Arbeitsunfall anzuerkennen - so das Gericht. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.06.2023
Quelle: Sozialgericht München, ra-online (pm/ab)