Dokument-Nr. 3644
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Sozialgericht Koblenz Beschluss10.01.2007
Kappung der Frist für den Beitritt von langjährig Selbständigen zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung ist verfassungswidrig
Die Kappung der Frist, innerhalb derer langjährig Selbständige zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung beitreten können, ist nach Auffassung des Sozialgerichts Koblenz verfassungswidrig. Die rückwirkende Verkürzung der Frist verstößt gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.
Durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz III) wurde auch langjährig Selbständigen die Möglichkeit gegeben, der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung beizutreten, sofern sie bestimmte Vorversicherungszeiten aufzuweisen hatten. Der entsprechende Antrag konnte nach der ursprünglichen gesetzlichen Regelung vom 1. Februar bis zum 31. Dezember 2006 gestellt werden.
Diese Möglichkeit wurde für Selbständige, die ihre Tätigkeit vor dem 1.1.2004 aufgenommen hatten, durch das SGB II Fortentwicklungsgesetz vom 20.7.2006 rückwirkend zum Ablauf des 31.5.2006 wieder gestrichen. Die Änderung wurde im Gesetzgebungsverfahren erstmals am 31.5.2006 zur Sprache gebracht und damit den Betroffenen ohne jede Vorankündigung und Reaktionsmöglichkeit eine ihnen eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit von einem Tag auf den anderen wieder genommen.
Diese Regelung verstößt nach Auffassung des Sozialgerichts Koblenz gegen Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem rechtsstattlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Übergangsregelungen dürften nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich das Sozialgericht angeschlossen hat, nur unter besonderen Anforderungen verkürzt werden. Mit solchen Regelungen verwirkliche der Gesetzgeber sein Konzept und schaffe einen besonderen Vertrauenstatbestand.
Der Bürger dürfe davon ausgehen, dass der Gesetzgeber sein Konzept für den Übergangszeitraum durchdacht und insbesondere künftige Entwicklungen, soweit sie vorhersehbar sind, berücksichtigt habe. Auf diese Regelungen stelle sich der Bürger ein. Der Gesetzgeber dürfe daher nicht beliebig sein Förderungsangebot zurücknehmen und sein Konzept nur ändern, wenn schwere Nachteile für wichtige Gemeinschaftsgüter zu erwarten seien, falls die Übergangsregelung unverändert bestehen bleibe. Solche Nachteile seien der Gesetzesbegründung nicht einmal ansatzweise zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich, so die Richter des Sozialgerichts.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.01.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Koblenz vom 11.01.2007
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