22.11.2024
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Dokument-Nr. 4605

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Sozialgericht Düsseldorf Urteil23.03.2007

Schwerst­be­hin­dertes Kind hat Anspruch auf Therapie-FahrradBarmer Ersatzkasse zur Übernahme der Kosten in Höhe von rund 6.600 Euro verurteilt

Geklagt hat ein 7-jähriger Kläger, der geistig behindert ist und unter therapie-resistenter Epilepsie mit täglich auftretenden Anfällen leidet. Er hat seine Klage damit begründet, dass er das Therapie-Dreirad-Tandem benötige, um sich einen Freiraum zu erschließen. Der behandelnde Neurologe hatte das Hilfsmittel verordnet, weil es das Gleichgewicht und die Eigenaktivität des Klägers fördere und seine motorische Unruhe positiv beeinflusse.

Die Beklagte hatte eine Übernahme der Kosten unter Berufung auf die Rechtspre-chung des Bundes­so­zi­al­ge­richts abgelehnt. Dieses halte zur Sicherung des Grund­be­dürf­nisses der Mobilität einen Schie­be­rollstuhl für ausreichend. Der Kläger benötige das Dreirad nicht, um sich einen Freiraum zu erschließen. Rad fahren gehöre auch nicht zu den menschlichen Grund­be­dürf­nissen.

Die 4. Kammer knüpft in ihrer Entscheidung an die Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts an und entwickelt diese fort. Der Anspruch des Klägers bestehe, da das Therapie-Dreirad-Tandem zum Ausgleich seiner Behinderung bei der Befriedigung von Grund­be­dürf­nissen des täglichen Lebens erforderlich sei. Zu den Grund­be­dürf­nissen gehöre die Erschließung eines gewissen Freiraums. Dieser entspreche einem Radius, den ein behinderter Mensch mit einem handbetriebenen Rollstuhl bzw. ein gesunder Mensch zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreiche. Aus dem gericht­li­cherseits eingeholten pädiatrischen Sachver­stän­di­gen­gut­achten ergebe sich, dass das Therapie-Dreirad-Tandem eine Möglichkeit sein könne, den Kläger an selbständige Fortbewegung heranzuführen. Wenn dem Kläger Mobili­täts­hilfen mit der Begründung versagt würden, er sei zu einer selbständigen Mobilität gar nicht in der Lage; würde das Ziel des Gesetzes, eine weitgehende Förderung der körperlichen und geistigen Aktivitäten, in sein Gegenteil verkehrt. Ziel der Versorgung mit Hilfsmitteln sei also eine Förderung, die zumindest gemeinsame familiäre Aktivitäten ermögliche. Das Therapie-Dreirad-Tandem stelle auch nicht nur eine ausreichende und zweckmäßige, sondern auch eine wirtschaftliche Versorgung dar, da es im Vergleich zur Kranken­gym­nastik im konkreten Fall bei einer anzunehmenden Nutzungsdauer von 10 Jahren keine höheren Kosten verursache.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Düsseldorf vom 05.07.2007

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