23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 1280

Drucken
ergänzende Informationen

Sozialgericht Dresden Beschluss05.11.2005

ALG II-Empfänger hat Anspruch auf Bezahlung der Kosten für Umgangsrecht mit seinem SohnGrund­leis­tungs­träger ist zur Zahlung eines Zuschusses verpflichtet

Ein Arbeits­lo­sengeld II-Empfänger kann die Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit seinem Sohn von der ARGE erstattet bekommen. Lebt das Kind in einer anderen Stadt, müssen Fahrt- und Übernach­tungs­kosten bezahlt werden. Das hat das Sozialgericht Dresden entschieden.

Der 39-jährige Antragsteller aus Dresden hat einen 6-jährigen Sohn aus erster Ehe, der bei Karlsruhe lebt. Er ist in zweiter Ehe mit einer arbeitslosen Frau verheiratet und hat selbst eine Beschäftigung als Operator mit einem Monatslohn von 1245 € netto. Mit einem weiteren Kind aus der zweiten Ehe lebt er in einer Bedarfs­ge­mein­schaft, die ALG II bezieht.

Die ARGE lehnte seinen Antrag ab, ihm einmal im Monat eine Bahnfahrt mit Übernachtung über das Wochenende zu seinem Sohn zu zahlen. Er solle die Fahrt mit dem Erwer­b­s­tä­ti­gen­frei­betrag von 225 € bezahlen. Hiergegen klagte der Familienvater und beantragte Eilrechtsschutz.

Das Sozialgericht Dresden gab dem Eilantrag statt. Die Ausübung des Umgangsrechts ist ein unabweisbarer Bedarf. Wenn die Fahrt- und Übernach­tungs­kosten geschätzte 170 € im Monat betragen, können sie nicht aus den ALG II-Regelsätzen bezahlt werden. Der Erwer­b­s­tä­ti­gen­frei­betrag soll einen Anreiz zur Arbeit bieten und muss nicht für Sonderbedarfe aufgebraucht werden. Die ARGE muss die Fahrtkosten als Zuschuss zahlen. Es wäre verfas­sungs­widrig, einen langandauernden Bedarf als Darlehen auszuzahlen. Dadurch würde der Antragsteller in eine Schuldenspirale getrieben. Allerdings muss der Antragsteller seinen tatsächlich vorhandenen, einmaligen Anspa­r­frei­betrag in Höhe von 750 € einsetzen und sich bemühen, die Fahrtkosten so gering wie möglich zu halten. Das Sozialgericht Dresden hat ihm daher auferlegt, entweder Spartarife der Deutschen Bahn AG zu Frühbu­cher­ra­batten zu nutzen oder Mitfahr­ge­le­gen­heiten in Anspruch zu nehmen.

Michael Schnell, Vorsitzender der 23. Kammer:

Erläuterungen

„Das Umgangsrecht mit dem eigenen Kind ist verfas­sungs­rechtlich geschützt. Fahrt- und Übernach­tungs­kosten zur Ausübung des Umgangsrechts sind ein unabweisbarer Bedarf. Würde er dauerhaft nur als Darlehen gewährt, sähe sich der ALG II-Empfänger einem ständig weiter wachsenden Schuldenberg ausgesetzt. Das kann nicht Sinn eines Gesetzes zur Existenz­si­cherung sein.“

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.

Gesetzestext:

§ 23 Absatz 1 Satz 1 Sozial­ge­setzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II):

„Kann im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebens­un­terhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Absatz 2 Nr. 4 noch auf andere Weise gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfe­be­dürftigen ein entsprechendes Darlehen.“

Quelle: Pressemitteilung des SG Dresden vom 09.11.2005

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss1280

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI