14.11.2024
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Dokument-Nr. 1280

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Sozialgericht Dresden Beschluss05.11.2005

ALG II-Empfänger hat Anspruch auf Bezahlung der Kosten für Umgangsrecht mit seinem SohnGrund­leis­tungs­träger ist zur Zahlung eines Zuschusses verpflichtet

Ein Arbeits­lo­sengeld II-Empfänger kann die Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit seinem Sohn von der ARGE erstattet bekommen. Lebt das Kind in einer anderen Stadt, müssen Fahrt- und Übernach­tungs­kosten bezahlt werden. Das hat das Sozialgericht Dresden entschieden.

Der 39-jährige Antragsteller aus Dresden hat einen 6-jährigen Sohn aus erster Ehe, der bei Karlsruhe lebt. Er ist in zweiter Ehe mit einer arbeitslosen Frau verheiratet und hat selbst eine Beschäftigung als Operator mit einem Monatslohn von 1245 € netto. Mit einem weiteren Kind aus der zweiten Ehe lebt er in einer Bedarfs­ge­mein­schaft, die ALG II bezieht.

Die ARGE lehnte seinen Antrag ab, ihm einmal im Monat eine Bahnfahrt mit Übernachtung über das Wochenende zu seinem Sohn zu zahlen. Er solle die Fahrt mit dem Erwer­b­s­tä­ti­gen­frei­betrag von 225 € bezahlen. Hiergegen klagte der Familienvater und beantragte Eilrechtsschutz.

Das Sozialgericht Dresden gab dem Eilantrag statt. Die Ausübung des Umgangsrechts ist ein unabweisbarer Bedarf. Wenn die Fahrt- und Übernach­tungs­kosten geschätzte 170 € im Monat betragen, können sie nicht aus den ALG II-Regelsätzen bezahlt werden. Der Erwer­b­s­tä­ti­gen­frei­betrag soll einen Anreiz zur Arbeit bieten und muss nicht für Sonderbedarfe aufgebraucht werden. Die ARGE muss die Fahrtkosten als Zuschuss zahlen. Es wäre verfas­sungs­widrig, einen langandauernden Bedarf als Darlehen auszuzahlen. Dadurch würde der Antragsteller in eine Schuldenspirale getrieben. Allerdings muss der Antragsteller seinen tatsächlich vorhandenen, einmaligen Anspa­r­frei­betrag in Höhe von 750 € einsetzen und sich bemühen, die Fahrtkosten so gering wie möglich zu halten. Das Sozialgericht Dresden hat ihm daher auferlegt, entweder Spartarife der Deutschen Bahn AG zu Frühbu­cher­ra­batten zu nutzen oder Mitfahr­ge­le­gen­heiten in Anspruch zu nehmen.

Michael Schnell, Vorsitzender der 23. Kammer:

Erläuterungen
„Das Umgangsrecht mit dem eigenen Kind ist verfas­sungs­rechtlich geschützt. Fahrt- und Übernach­tungs­kosten zur Ausübung des Umgangsrechts sind ein unabweisbarer Bedarf. Würde er dauerhaft nur als Darlehen gewährt, sähe sich der ALG II-Empfänger einem ständig weiter wachsenden Schuldenberg ausgesetzt. Das kann nicht Sinn eines Gesetzes zur Existenz­si­cherung sein.“

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.

Gesetzestext:

§ 23 Absatz 1 Satz 1 Sozial­ge­setzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II):

„Kann im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebens­un­terhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Absatz 2 Nr. 4 noch auf andere Weise gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfe­be­dürftigen ein entsprechendes Darlehen.“

Quelle: Pressemitteilung des SG Dresden vom 09.11.2005

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