21.11.2024
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Dokument-Nr. 3375

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Sozialgericht Dortmund Urteil23.02.2006

Rituelle Waschungen zählen nicht zum PflegebedarfReligi­o­ns­ausübung gehört nicht zum Grund­pfle­ge­bedarf

Hilfestellungen bei rituellen Waschungen moslemischer Gläubiger begründen keinen Anspruch auf Pflegegeld in der gesetzlichen Pflege­ver­si­cherung. Dies entschied das Sozialgericht Dortmund im Falle einer 61-jährigen Frau türkischer Herkunft aus Hagen, die als gläubige Moslemin fünfmal täglich zu Gott betet und sich infolge dessen unter Zuhilfenahme von Familien­an­ge­hörigen täglich fünf rituellen Waschungen unterzieht. Der Zeitaufwand für das An- und Ausziehen, das Waschen und das Ausbreiten des Gebetsteppichs beträgt jeweils 15 Minuten.

Die Pflegekasse der AOK Westfalen-Lippe lehnte die Gewährung von Pflegegeld ab, weil der Zeitaufwand für Hilfebedarf bei Verrichtungen der Grundpflege nicht mehr als 45 Minuten täglich betrage.

Die hiergegen bei dem Sozialgericht Dortmund erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das Sozialgericht stellte nach medizinischer Begutachtung fest, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I, weil der erforderliche Grund­pfle­ge­bedarf im Bereich der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität bei lediglich 29 Minuten täglich liege. Trotz der gesund­heit­lichen Einschränkungen der Versicherten infolge einer diabetischen Sehbehinderung, eines Wirbel­säu­len­leidens, eines Bluthochdrucks und einer Herzerkrankung liege kein weitergehender Pflegebedarf vor.

Das Sozialgericht lehnte es ab, den Zeitaufwand für Hilfen im Rahmen der fünfmaligen rituellen Waschungen dem Grund­pfle­ge­bedarf hinzuzurechnen. Der im Rahmen einer Religi­o­ns­ausübung anfallende Hilfebedarf sei nicht Gegenstand der Leistungs­ge­währung in der Pflege­ver­si­cherung. Diese beinhalte nur zur Aufrecht­er­haltung der Lebensführung zu Hause unumgängliche Pflegehilfen. Hierzu zählten die rituellen Waschungen trotz ihrer Bedeutung für die Erhaltung und Wiedergewinnung der geistigen und seelischen Kräfte der gläubigen Klägerin nicht. Das Grundrecht auf ungestörte Religi­o­ns­ausübung gebe keinen Anspruch auf Gewährung finanzieller Mittel zur Ausübung der Glaubens­freiheit.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Dortmund vom 21.11.2006

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