14.12.2024
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Dokument-Nr. 34322

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Sozialgericht Aachen Urteil14.06.2024

Schwer­be­hinderte bekommt Reha-KarreEin Verweis auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, des behin­der­ten­gerecht umgebauten Fahrzeugs oder des Aktiv-Rollstuhls sind keine Alternativen zur Reha-Karre

Das Sozialgericht Aachen hat einer schwer­be­hin­derten Klägerin eine "Reha-Karre", einen Fahrrad-Anhänger für behinderte erwachsene Menschen, zugesprochen.

Um an Fahrrad­aus­flügen mit ihrer Familie, ihren Assistenten und Freunden teilnehmen zu können, hatte die 36-jährige Klägerin vor dem Sozialgericht Aachen gegen den Landschafts­verband Rheinland auf Bewilligung der "Reha-Karre" geklagt. Die Klägerin leidet an spastischer Tetraparese und Tetraplegie. Sie ist gehbehindert und kann nicht selbst Fahrrad fahren. Ihre Mutter hatte vorgetragen, Familie und Freundeskreis der Klägerin unternähmen immer mehr Fahrten mit dem Fahrrad, vor allem für Erledigungen in der Innenstadt von Aachen, aber auch Ausflüge in die Umgebung. Von diesen Unternehmungen sei ihre Tochter ohne Reha-Karre vollständig ausgeschlossen. Auch ihre Assistenzkräfte, die teilweise keinen Führerschein besäßen, seien in ihren Möglichkeiten der Freizeitgestaltung erheblich eingeschränkt. Der beklagte Landschafts­verband hatte beantragt, die Klage abzuweisen. Die beantragte Reha-Karre sei für eine soziale Teilhabe nicht zwingend erforderlich. Die Klägerin verfüge über einen Aktivrollstuhl mit Unter­stüt­zungs­antrieb, ihre Eltern besäßen ein behin­der­ten­gerecht umgebautes Fahrzeug, auch könne die Klägerin öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Es werde nicht in Abrede gestellt, dass Unternehmungen mit dem Fahrrad die Freizeit­mög­lich­keiten der Klägerin erweiterten, sie könne jedoch auch ohne das Hilfsmittel ein übliches Maß an gesell­schaft­lichen Kontakten pflegen.

Selbstbestimmte Freizeit nur mit Reha-Karre

In ihrer Entscheidung führte das SG aus, die Bewilligung sei erforderlich, um eine durch die Behinderung der Klägerin bestehende Einschränkung einer gleich­be­rech­tigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Die Klägerin könne nicht auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, des behin­der­ten­gerecht umgebauten Fahrzeugs oder ihres Aktiv-Rollstuhls verwiesen werden. Das grundrechtlich verbürgte Benachteiligungsverbot untersage es, behinderte Menschen von Betätigungen auszuschließen, die nicht Behinderten offenstehen, wenn nicht zwingende Gründe für einen solchen Ausschluss vorliegen.

Das Selbstbestimmungsrecht der Klägerin beinhalte, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Freizeit verbringen möchte. Nach Anhörung der Mutter der Klägerin bestünden für das Gericht keine Zweifel, dass ein Fahren mit der Reha-Karre, die von einem Fahrrad gezogen wird, zu den Zielen der Freizeit­ge­staltung der Klägerin gehört. Von dieser Freizeit­ge­staltung mit ihrer Familie sowie mit ihren Assis­tenz­kräften ist sie jedoch bislang aufgrund ihrer Behinderung ausgeschlossen. Ein Ausgleich dieser Benachteiligung könne nur durch die Bewilligung der Reha-Karre erfolgen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: Sozialgericht Aachen, ra-online (pm/ab)

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