Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt Beschluss21.03.2017
Spielstraße: Schrittgeschwindigkeit im verkehrsberuhigten Bereich bedeutet nicht mehr als 10 km/hHöhe der Schrittgeschwindigkeit richtet sich nicht nach örtlicher Gegebenheit oder Gefährdungslage
Schrittgeschwindigkeit in einem verkehrsberuhigten Bereich bedeutet nicht mehr als 10 km/h. Die Höhe der Schrittgeschwindigkeit bemisst sich nicht nach der örtlichen Gegebenheit oder Gefährdungslage. Dies hat das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall fuhr ein Autofahrer im November 2015 in einem verkehrsberuhigten Bereich mit einer Geschwindigkeit von 42 km/h. Das Amtsgericht Weißenfels sah darin eine fahrlässige Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 27 km/h. Daher greife die Regelgeldbuße von 100 EUR. Das Gericht ging davon aus, dass angesichts der örtlichen Gegebenheit und dem Grad der Gefährdung die Schrittgeschwindigkeit maximal 15 km/h betrage. Gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft Rechtsbeschwerde ein. Ihrer Ansicht nach betrage Schrittgeschwindigkeit höchstens 11 km/h. Daher habe der Autofahrer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 31 km/h überschritten, so dass eine Regelgeldbuße von 160 EUR und ein Regelfahrverbot von einem Monat greifen müsse.
Schrittgeschwindigkeit beträgt maximal 10 km/h
Das Oberlandesgerichtgericht Sachsen-Anhalt entschied zu Gunsten der Staatsanwaltschaft und hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Eine Geschwindigkeit von mehr als 10 km/h könne nach dem Wortsinn nicht mehr als Schrittgeschwindigkeit angesehen werden. Bei einem Tempo von 15 km/h wäre ein Teilnehmer des Berlin Marathon 2016 mit einer Zeit von ca. 2 Stunden und 50 Minuten unter den besten 4 % der Läufer gewesen. Eine solche Geschwindigkeit könne damit nicht mehr als Schrittgeschwindigkeit bezeichnet werden. Zudem lasse sich eine Überschreitung von 10 km/h am Autotacho feststellen. Auch könne jeder Autofahrer dieses Tempo problemlos einhalten. Der Begriff "Schrittgeschwindigkeit" könne auch nicht je nach örtlicher Gegebenheit oder dem Grad der Gefährdung unterschiedliche Geschwindigkeiten bezeichnen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.11.2018
Quelle: Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, ra-online (vt/rb)