15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.

Dokument-Nr. 6000

Drucken
Urteil02.04.2008Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz2 A 10828/07.OVG, 2 A 10829/07.OVG, 2 A 10830/07.OVG, 2 A 10831/07.OVG, 2 A 10832/07.OVG
ergänzende Informationen

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil02.04.2008

Gemeinden müssen für Fonds "Deutsche Einheit" zahlen

Die Entscheidung des rheinland-pfälzischen Landes­ge­setz­gebers, die kommunalen Gebiets­kör­per­schaften durch eine Umlage an den Kosten des Fonds "Deutsche Einheit" zu beteiligen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies entschied das Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Der Fonds "Deutsche Einheit" wurde im Mai 1990 als Finan­zie­rungs­in­strument für Leistungen an die DDR, später an die neuen Bundesländer errichtet. Er beschaffte sich seine Mittel überwiegend durch die Aufnahme von Krediten. Nach Eingliederung der Fondsaufgaben in den Länder­fi­nan­z­aus­gleich dient der Fonds seit 1. Januar 1995 nur noch der Abwicklung der früher entstandenen Verbind­lich­keiten durch Bund, Länder und Gemeinden. Ab 1. Januar 2005 übernahm allein der Bund die Schulden des Fonds. Zum Ausgleich wurden der Umsatz­steu­er­anteil des Bundes erhöht sowie Leistungen im Länder­fi­nan­z­aus­gleich verringert. Die sich hieraus ergebende Belastung der alten Bundesländer hat der Gesetzgeber bis zum Jahre 2019 mit jährlich rund 2,6 Mrd. € beziffert. Hiervon entfallen auf das Land Rheinland-Pfalz etwa 150 Mio. €. An der Länderbelastung werden die Gemeinden, die Gewerbesteuer erheben, durch die Erhöhung der Gewer­be­steu­er­umlage zugunsten der Bundesländer beteiligt. Außerdem ist durch die Verminderung der Umsatz­steu­er­anteile der Länder die kommunale Finan­z­aus­gleichsmasse geschmälert. Um diese aufzufüllen, werden alle kommunalen Gebiets­kör­per­schaften, einschließlich der finanzschwachen Gemeinden, an der Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit" beteiligt. Zu diesem Zweck erhebt das Land Rheinland-Pfalz eine Umlage, die nicht ihm, sondern dem kommunalen Finanzausgleich zugeführt wird.

Die für das Jahr 2005 gegenüber den Klägerinnen, vier Verbands­ge­meinden und einer Ortsgemeinde aus der Südwest-Pfalz, vom Land festgesetzte Umlage zum Fonds "Deutsche Einheit" belief sich je nach Steuerkraft auf 2.836,-- € bis 60.596,-- €. Die hiergegen erhobenen Klagen hat das Verwal­tungs­gericht abgewiesen. Das Oberver­wal­tungs­gericht bestätigte diese Entscheidungen.

Der Bund habe die Übernahme der Verbind­lich­keiten des Fonds "Deutsche Einheit" durch die Erhöhung seines Anteils an der Umsatzsteuer und die Verringerung von Finan­z­aus­gleichs­leistung zulasten der alten Bundesländer ausgleichen können. Die insoweit vom Bundes­ge­setzgeber bis 2019 festgelegte fortwirkende Länderbelastung auf jährlich rund 2,6 Mrd. € sei nicht zu beanstanden. Sie stehe unter Berück­sich­tigung der Zins- und Tilgungs­ver­pflich­tungen über einen Zeitraum von 15 Jahren nicht außer Verhältnis zu den Schulden des Fonds "Deutsche Einheit", die sich am 31. Dezember 2004 auf rund 38,9 Mrd. € belaufen hätten. An der Länderbelastung dürften die kommunalen Gebiets­kör­per­schaften in den alten Bundesländern beteiligt werden, weil der deutsche Einigungs­prozess von Bund, Ländern und Gemeinden als gesamt­s­taatliche Aufgabe gemeinsam bewältigt werden müsse. Dass dabei auch Gemeinden, deren finanzielle Situation mit der bedürftiger Ost-Kommunen vergleichbar sei, herangezogen würden, habe der Gesetzgeber als zwangsläufige Folge einer pauscha­lie­renden gesetzlichen Regelung in Kauf nehmen können.

Die Beteiligung der Gemeinden an der Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit" belaste über die Erhöhung der Gewer­be­steu­er­umlage und die Verringerung der Leistungen im kommunalen Finanzausgleich nur die Gemeinden, die Gewerbesteuer einnähmen, sowie die, die besonders finanzschwach seien. Deshalb sei es verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Landes­ge­setzgeber die Beteiligung der kommunalen Gebiets­kör­per­schaften an den Kosten der Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit" durch eine Umlage gleichmäßig auf alle Gemeinden verteile. Das zu diesem Zweck in Rheinland-Pfalz geschaffene Umlagesystem sei in sich folgerichtig und wider­spruchsfrei. Es verstoße insbesondere nicht gegen das Gebot interkommunaler Gleich­be­handlung. Denn "reiche" Gemeinden, die Gewerbesteuer einnähmen, müssten im Vergleich zu den Klägerinnen bezogen auf die jeweilige Steuerkraft eine höhere Umlage pro Einwohner tragen als finanzschwache Kommunen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 21/08 des OVG Rheinland-Pfalz vom 02.05.2008

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil6000

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI