15.11.2024
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Dokument-Nr. 29513

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Beschluss24.11.2020Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen13 B 1712/20.NE
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss24.11.2020

Keine landesweite Ladenöffnung an den Advents­sonntagen in NRWAngegriffene Regelung aller Voraussicht nach rechtswidrig

Das OVG Münster hat im vorläufigen Recht­sschutz­verfahren entschieden, dass die Geschäfte in Nordrhein-Westfalen an den Vo­rweihnachts­sonntagen sowie am Sonntag nach Neujahr geschlossen bleiben müssen.

Die Dienst­leis­tungs­ge­werk­schaft ver.di hatte sich mit einem Eilantrag gegen die Regelung in der nordrhein-westfälischen Corona­schutz­ver­ordnung gewandt, in der vorgesehen ist, dass zur Vermeidung von Infek­ti­o­ns­ge­fahren durch einen unregulierbaren Kundenandrang Verkaufsstellen des Einzelhandels ausnahmsweise zur Entzerrung des Einkaufs­ge­schehens am 29.11.2020, 6.12., 13.12. und 20.12.2020 sowie am 03.01.2021 auch sonntags zwischen 13.00 Uhr und 18.00 Uhr öffnen dürfen.

OVG: Sonntags­öff­nungen keine notwendige Schutzmaßnahme

Nach Auffassung des OVG ist die angegriffene Regelung aller Voraussicht nach rechtswidrig und würde in einem Haupt­sa­che­ver­fahren für unwirksam erklärt werden. Maßstab für die Überprüfung sei ausschließlich das Infek­ti­o­ns­schutzrecht. Die in der Corona­schutz­ver­ordnung landesweit zugelassenen Sonntags­öff­nungen seien voraussichtlich keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne der infek­ti­o­ns­schutz-rechtlichen Generalklausel, auf die das Land sie gestützt habe.

Keine landesweite Sonntagsöffnung zur Entzerrung erforderlich

Das für sich genommen legitime Ziel des Verord­nungs­gebers, das Einkaufs­ge­schehen an den vier Advents­samstagen und am ersten Samstag im neuen Jahr zu entzerren, rechtfertige jedenfalls keine landesweite Sonntagsöffnung des Einzelhandels. Dass an diesen Samstagen landesweit oder jedenfalls in der überwiegenden Zahl der nordrhein-westfälischen Innenstädte mit einem so großen Kundenandrang zu rechnen sei, dass aus infek­ti­o­ns­schutz­recht­licher Sicht eine Entzerrung erforderlich wäre, habe der Verord­nungsgeber selbst nicht geltend gemacht und sei auch sonst nicht ersichtlich. Im Gegenteil spreche alles dafür, dass in vielen, insbesondere ländlichen Gegenden und vor allem in kleineren Städten der Kundenandrang auch an den Advents­samstagen überschaubar bleiben werde. Angesichts dessen könne offen bleiben, inwieweit die Lage in den größeren Städten möglicherweise eine andere sei.

Zweifel an der Eignung der Sonntagsöffnung zur Eindämmung des Infek­ti­o­ns­risikos

Selbst wenn man jedoch für diese einen verstärkten Kundenzustrom unterstelle, bestünden erhebliche Zweifel an der Eignung der Sonntagsöffnung, das Infektionsrisiko einzudämmen. Es könne nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass sich dadurch lediglich das Kundenaufkommen des Samstags nunmehr auf diesen und auf den folgenden Sonntag verteilen werde. Vielmehr erscheine es nicht zuletzt mit Blick auf den derzeitigen Mangel an anderen Möglichkeiten der Freizeit­ge­staltung zumindest ebenso naheliegend, dass durch die Öffnung am Sonntag zusätzliche Kunden dazu animiert würden, sich in die Innenstädte zu begeben.

Zusätzlichen Sozialkontakte widersprechen Schutzkonzept

In diesem Fall aber wäre ein infek­ti­o­ns­schutz­rechtlich unerwünschtes erhöhtes Kundenaufkommen in den größeren Städten und Einkaufszentren sowohl am Samstag als auch am Sonntag zu verzeichnen. Die hiermit verbundenen zusätzlichen Sozialkontakte nicht nur in den Innenstädten, sondern auch im öffentlichen Nahverkehr auf dem Weg dorthin stünden im Widerspruch zu dem ansonsten vom Verord­nungsgeber verfolgten Konzept, aus Infek­ti­o­ns­schutz­gründen soziale Kontakte vor allem in der Freizeit weitgehend einzuschränken. Mit Blick auf öffentlich geäußerte Erwartungen aus Kreisen des Einzelhandels hat der Senat darauf hingewiesen, dass das pandemiebedingt große wirtschaftliche Interesse an den Sonntags­öff­nungen zwar verständlich sei, infek­ti­o­ns­schutz­rechtlich aber keine Rolle spielen könne.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/ab)

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