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Urteil27.11.2024Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen12 A 1627/22
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil27.11.2024

Geschwis­ter­re­ge­lungen beim Elternbeitrag gelten auch für Halbgeschwister

Besuchen Halbgeschwister, die mit dem gemeinsamen Elternteil zusammenleben, gleichzeitig im Stadtgebiet Kinder­ta­ges­ein­rich­tungen, sind bei der Festsetzung von Elternbeiträgen hierfür satzungs­rechtliche Geschwis­te­r­er­mä­ßi­gungen oder -befreiungen zu berücksichtigen; dies gilt unabhängig davon, ob die Halbgeschwister neben dem gemeinsamen Elternteil auch mit dem anderen Elternteil des einen Kindes in häuslicher Gemeinschaft zusammenleben. Das hat das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen entschieden und damit eine Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Arnsberg geändert.

Die gemeinsame, im Juli 2019 geborene Tochter der Kläger nahm im Schuljahr 2021/2022 das Betreu­ungs­angebot einer Kinder­ta­ges­ein­richtung in der beklagten Stadt Witten wahr. Mit ihr und ihren Eltern lebte seinerzeit ein weiteres von der Klägerin, nicht aber vom Kläger abstammendes Kind in der gemeinsamen Wohnung, das dieselbe Kinder­ta­ges­ein­richtung besuchte, wofür wegen Vollendung des vierten Lebensjahres aufgrund einer landes­recht­lichen Bestimmung kein Elternbeitrag zu leisten war. Die Stadt setzte gegenüber den Klägern auf Basis ihres gemeinsamen Jahres­ein­kommens einen monatlichen Elternbeitrag in Höhe von 313 Euro fest. Hier- gegen wandten sich die Kläger und beriefen sich auf eine Vorschrift der Eltern­bei­trags­satzung (im Folgenden nur: Satzung) der beklagten Stadt. Danach entfällt bei Eingreifen einer landesrechtlich - für die letzte Zeit in Tagesbetreuung vor der Einschulung - im Kinder­bil­dungs­gesetz (KiBiz) angeordneten Beitrags­be­freiung "auch der Beitrag für das zweite und jedes weitere Kind". Diese Regelung folgt auf eine in sonstigen Fällen maßgebliche "Geschwis­ter­re­gelung" in der Satzung, wonach "nur ein Beitrag zu leisten" ist, wenn "aus einer Familie […] mehr als ein Kind Betreu­ungs­an­gebote […] in Anspruch" nimmt. Die auf Aufhebung der Beitrags­fest­setzung gerichtete Klage wies das Verwal­tungs­gericht Arnsberg ab. Die dagegen eingelegte Berufung der Kläger hatte vor dem Oberver­wal­tungs­gericht Erfolg.

Der 12. Senat hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen angeführt: Das gemeinsame Kind der Kläger ist als weiteres Kind der Familie im Sinne der Geschwis­ter­re­ge­lungen in der Satzung zu berücksichtigen. Die Gemeinschaft zweier leiblicher Kinder derselben Mutter mit dieser und deren neuem Partner, der Vater nur eines der beiden Kinder ist, ist bereits unter Zugrundelegung eines verfas­sungs­recht­lichen Begriffs­ver­ständ­nisses als eine Familie anzusehen. Ein anderes Verständnis des Familien- bzw. Geschwis­ter­be­griffs lässt sich weder der städtischen Satzung noch höherrangigem Recht entnehmen. Die auf einer Ermächtigung des Landes­ge­setz­gebers beruhende allgemeine Geschwis­ter­re­gelung in der Satzung - bei mehreren Kindern nur ein Elternbeitrag - entspricht im Kern einer früheren landes­ge­setz­lichen Regelung. Dieser lag allgemein eine Entlastung von Familien mit mehreren Kindern zugrunde, ohne dass etwa nach Voll- oder Halbge­schwistern unterschieden wurde. Bei dem Umstand, dass mehrere mit einem oder beiden Elternteilen in einem Haushalt zusammenlebende Kinder Angebote der Tagesbetreuung in Anspruch nehmen, für die jedenfalls der gemeinsame Elternteil grundsätzlich beitrags­pflichtig wäre, handelt es sich um einen Gesichtspunkt der sozialen Staffelung der Kostenbei- träge. Diese ist sowohl im Bundes- als auch im Landesrecht angelegt und ermöglicht neben der - mit dem Einkommen korre­spon­die­renden - wirtschaft­lichen Leistungs­fä­higkeit der Beitrags­pflichtigen auch die Berück­sich­tigung anderer Aspekte wie der Zahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden und in Kinder­ta­ges­ein­rich­tungen zu betreuenden Kinder. Vor diesem Hintergrund kommt eine Differenzierung danach, dass beide Kläger für das mit ihnen zusammenlebende gemeinsame Kind beitrags- pflichtig sind, während das ältere Kind allein von der Klägerin abstammt und nur diese insoweit beitrags­pflichtig sein kann, nicht in Betracht.

Das Oberver­wal­tungs­gericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht eingelegt werden.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/pt)

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