15.11.2024
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Dokument-Nr. 30175

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Urteil23.04.2021Oberverwaltungsgericht Münster9 A 4073/18, 9 A 4108/18 und 9 A 4109/18
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Oberverwaltungsgericht Münster Urteil23.04.2021

Keine Eigen­blutentnahme durch HeilpraktikerEigen­blutentnahme unter Verweis auf Arztvorbehalt untersagt

Die Bezirks­re­gierung Münster hat Heilpraktikern zu Recht untersagt, ihren Patienten Blut zur Herstellung von Eigen­blut­pro­dukten zu entnehmen. Das hat das Ober­verwaltungs­gericht in drei Fällen entschieden und damit die erstin­sta­nz­lichen Urteile des Verwal­tungs­ge­richts Münster bestätigt.

Im hier vorliegenden Fall hatten Homöopathen aus Borken, Nordwalde und Senden, geklagt. Sie entnehmen im Rahmen der - unter Heilpraktikern verbreiteten - Eigen­blut­therapie den Patienten eine geringe Menge Blut und injizieren es ihnen nach Zusatz eines Sauerstoff-Ozon-Gemisches oder nach der Mischung mit homöopathischen Ferti­g­a­rz­nei­mitteln zurück. Mit arznei­mit­tel­rechtliche Ordnungs­ver­fü­gungen hatte die Bezirks­re­gierung Münster ihnen wegen des Arztvorbehalts die Blutentnahme zu diesen Zwecken untersagt. Die dagegen gerichteten Klagen wies das Verwal­tungs­gericht Münster ab. Auch die Berufungen der Heilpraktiker hatten keinen Erfolg.

OVG: Entnahme einer Blutspende nur durch einen Arzt oder unter Verantwortung eines Arztes zulässig

Die Entnahme einer Blutspende darf nach dem Trans­fu­si­ons­gesetz nur durch einen Arzt oder unter Verantwortung eines Arztes erfolgen, woran es hier fehlt. Der gesetzliche Begriff der Blutspende erfasst neben der Entnahme von Fremdblut auch die von Eigenblut. Der Sinn und Zweck des Gesetzes, für eine sichere Gewinnung von Blut und Blutbe­stand­teilen zu sorgen, greift auch bei Eigen­blut­s­penden, und zwar unabhängig davon, ob nur eine geringe Menge entnommen wird.

Ausnah­me­re­gelung für homöopathische Eigen­blut­produkte greift nicht

Die Heilpraktiker können sich auch nicht auf die Ausnah­me­re­gelung für homöopathische Eigen­blut­produkte berufen. Denn um solche geht es hier nicht. Homöopathisch ist nicht jedes Eigen­blut­produkt, das durch einen Heilpraktiker hergestellt wird. Der Begriff ist unter Heranziehung des Arznei­mit­tel­ge­setzes zu bestimmen und setzt deshalb voraus, dass das Eigen­blut­produkt in einem homöopathischen Zuberei­tungs­ver­fahren hergestellt wird, das im Europäischen Arzneibuch oder in einem der offiziell gebräuchlichen amtlichen Arzneibücher (Pharmakopöen) der Mitgliedstaaten der EU beschrieben ist. Ein solches Verfahren wenden die Kläger nicht an. Sie vermischen lediglich das Eigenblut mit einem homöopathischen Ferti­g­a­rz­nei­mittel bzw. mit einem Sauerstoff-Ozon-Gemisch und unterziehen dabei weder das Blut selbst noch das Eigen­blut­präparat einer homöopathischen Technik.

Ausnah­me­re­gelung eng auszulegen

Da das Trans­fu­si­ons­gesetz dem Gesund­heits­schutz auch der spendenden Personen dient, ist die Ausnah­me­re­gelung eng auszulegen. Die Privilegierung der homöopathischen Thera­pie­richtung kommt deshalb nur in Betracht, soweit ein im Arznei­mit­tel­gesetz anerkanntes Zuberei­tungs­ver­fahren angewendet wird. Der Auffassung der Kläger, bei einem solchen Begriffs­ver­ständnis bleibe kein Anwen­dungs­bereich für die Ausnah­me­vor­schrift, folgte der Senat nicht. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Eigen­blut­the­rapien war nicht Gegenstand des Verfahrens. Auch hat der Senat nicht entschieden, ob Heilpraktiker für solche Eigen­blut­produkte eine Herstel­lungs­er­laubnis nach dem Arznei­mit­tel­gesetz benötigen und ob sie diese erhalten können.

Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde möglich

Das OVG hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen können die Kläger Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde einlegen, über die das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entscheidet. Beim 9. Senat sind drei weitere gleichgelagerte Verfahren anhängig, die erstinstanzlich von den Verwal­tungs­ge­richten Minden und Düsseldorf entschieden worden sind und in denen die Kläger Anträge auf Zulassung der Berufung gestellt haben.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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