21.11.2024
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Dokument-Nr. 23650

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Oberverwaltungsgericht Münster Beschluss03.01.2017

Nichtjüdische Ehefrau darf auf jüdischem Friedhof bestattet werdenWunsch der Eheleute auf "gemeinsame letzte Ruhe" hat Vorrang gegenüber Selbst­ver­wal­tungsrecht

Eine jüdische Kultusgemeinde darf auf ihrem Friedhof ein Grabnut­zungsrecht eines überlebenden Ehegatten nachträglich nur beschränken, wenn sie dabei die Totenwürde des dort bereits beerdigten Ehegatten angemessen berücksichtigt. Dies hat das Oberver­wal­tungs­gericht Münster entschieden.

Im hier zugrunde liegenden Rechtsstreit waren die Kläger die Kinder eines im Jahre 1996 verstorbenen Juden. Er hatte für sich und seine nichtjüdische Ehefrau, die Stiefmutter der Kläger, 1971 bei der beklagten jüdischen Kultusgemeinde gegen Zahlung einer Gebühr ein Doppelgrab auf deren jüdischem Friedhof reservieren lassen. Die Beklagte hatte ihm die Reservierung damals schriftlich mit dem Zusatz bestätigt, "trotzdem Ihre Gattin Nichtjüdin ist". Er wurde 1996 in dem Doppelgrab beerdigt.

Ablehnung der Bestattung wegen Satzung­s­än­derung

Nach dem Tod seiner Ehefrau 2011 lehnte die Beklagte deren Bestattung in der anderen Grabstelle mit der Begründung ab, der Friedhof sei seit Inkrafttreten ihrer Fried­hofs­satzung im Jahr 1998 Mitgliedern vorbehalten. Sie vertrete seitdem eine streng orthodoxe Ausrichtung ihres jüdischen Glaubensrechts, der die Bestattung auch der Ehefrau widerspreche. Um die Bestat­tungsfrist einzuhalten, ließen die Kläger die Bestattung zunächst auf einem städtischen Friedhof vornehmen und verklagten die Kultusgemeinde.

OVG: Verstoß gegen Totenwürde

Das Oberver­wal­tungs­gericht hat nun, ebenso wie bereits das Verwal­tungs­gericht Gel­senkirchen, den Klägern den Anspruch zugesprochen, ihre Stiefmutter neben ihrem Vater bestatten zu lassen. Die Kultusgemeinde verstoße mit der Ablehnung offensichtlich gegen die Totenwürde beider Eheleute, in der sich ihre Menschenwürde als oberstes Verfas­sungs­prinzip nach dem Tod fortsetze. Beide hätten mit dem Erwerb des Grabnut­zungs­rechts den Wunsch artikuliert, in dem erworbenen Doppelgrab als Eheleute gemeinsam die letzte Ruhe zu finden. Dieser Belang habe unter den Umständen des vorliegenden Einzelfalles Vorrang vor dem ebenfalls besonders hoch zu gewichtenden Schutz des Selbst­ver­wal­tungs­rechts der Kultusgemeinde.

Quelle: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen/ ra-online

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