Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Besitzer einer Segelyacht wurde im Juni 2012 dabei ertappt, wie er unter Alkoholeinfluss sein Boot auf der Ostsee steuerte. Bei ihm wurde eine Blutalkoholkonzentration von 2,17 Promille festgestellt. Die zuständige Behörde entzog ihm daraufhin gestützt auf § 8 Abs. 2 Nr. 1a SportBootFSV mit sofortiger Wirkung den Sportbootführerschein. Er habe sich als unzuverlässig zum Führen eines Sportboots erwiesen, da er unter erheblicher Einwirkung berauschender Mittel ein Sportboot geführt habe. Es könne in diesem Zusammenhang der Grenzwert von 1,1 Promille aus dem Straßenverkehrsrecht herangezogen werden. Gegen diese Entscheidung erhob der Bootsbesitzer nach erfolglosem Widerspruch Klage.
Das Verwaltungsgericht Oldenburg gab der Klage statt. Der Entzug des Sportbootführerscheins habe nicht auf § 8 Abs. 2 Nr. 1a SportBootFSV gestützt werden können, da diese Vorschrift eine mehrfache Fahrt unter erheblicher Einwirkung berauschender Mittel voraussetze. Sie könne nicht so verstanden werden, dass eine einmalige Fahrt unter erheblicher Einwirkung von alkoholischen Mitteln ausreiche. Gegen diese Entscheidung legte die beklagte Behörde Berufung ein.
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Berufung der Beklagten zurück. Der Entzug des Sportbootführerscheins sei rechtswidrig gewesen. Die Auslegung von § 8 Abs. 2 Nr. 1a SportBootFSV, wonach eine einmalige Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille für eine Entziehung ausreiche, sei mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Klarheits- und Bestimmtheitsgebot nicht zu vereinbaren. Eine Norm müsse inhaltlich so klar gefasst sein, dass sich der Bürger ein eigenes Bild von seiner Rechtslage machen und den Inhalt der ihn betreffenden Regelung mit hinreichender Sicherheit feststellen könne.
Aus § 8 Abs. 2 Nr. 1a SportBootFSV könne nicht mit hinreichender Bestimmtheit entnommen werden, so das Oberverwaltungsgericht, dass eine einmalige Fahrt unter erheblicher Alkoholeinwirkung ausreiche, um den Sportbootführerschein entziehen zu können. Es sei schon nicht klar, woraus sich der Begriff "mehrfach" beziehe. Es sei denkbar, dass er sich auf die erste, alle oder nur auf die ersten beiden Varianten des Tatbestands beziehe.
Selbst wenn man es als auseichend erkennbar ansehe, dass sich der Begriff nur auf die ersten beiden Varianten beziehe, so lasse sich aus der Norm nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts jedenfalls nicht hinreichend bestimmt entnehmen, dass und ab wann eine Fahrt unter erheblichen Alkoholeinfluss als Fahrt unter erheblicher Einwirkung berauschender Mittel gewertet werden könne. Zwar sei Alkohol ein berauschendes Mittel. Ferner habe nach der alten Regelung eine einmalige Trunkenheitsfahrt für die Entziehung ausgereicht und der Gesetzgeber beabsichtigte eigentlich eine Gesetzesverschärfung bezüglich der Alkoholgrenzen in der Schifffahrt. Auch vergleichbare Regelungen aus dem Straßenverkehrsrecht lassen eine einmalige Fahrt ausreichen. Jedoch sprechen systematische Erwägungen gegen die Ansicht der Beklagten, es genüge eine einmalige Fahrt. Denn ein Rückgriff auf allgemeinere Vorschriften sei in aller Regel unzulässig, wenn die speziellere Regelung nicht anwendbar ist. Die speziellen Regelungen haben die ersten beiden Alternativen des § 8 Abs. 2 Nr. 1a SportBootFSV dargestellt. Diese greifen aber nur bei mehrfachen Alkoholfahrten. Die Anwendung der allgemeineren dritten Variante bei einmaligen Alkoholfahrten sei daher aus systematischen Gründen ausgeschlossen. Andernfalls würde der nach der Fassung der Norm anzunehmende Wille des Gesetzgebers unterlaufen.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts könne der Anwendungsbereich der ersten beiden Varianten darüber hinaus nicht auf nicht erhebliche Alkoholfahrten reduziert werden. Eine solche Reduzierung genüge nicht den Anforderungen an die Klarheit und Bestimmtheit der Norm.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.01.2017
Quelle: Oberverwaltungsgericht Lüneburg, ra-online (vt/rb)