Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss16.11.2015
Privater Träger eines an Grundschule angeschlossenen Horts zur Aufnahme aller die Grundschule besuchenden Kinder verpflichtetVoraussetzung ist Anspruch auf Tagesbetreuung
Der private Träger eines an einer Grundschule angeschlossenen Horts ist grundsätzlich verpflichtet, alle Kinder, die die Grundschule besuchen und Anspruch auf Tagesbetreuung haben, aufzunehmen. Ausnahmen bestehen dann, wenn mehrere Betreuungseinrichtungen an der Schule existieren oder andere zumutbare Betreuungsalternativen vorliegen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Den berufstätigen Eltern eines sechsjährigen Mädchens wurde im August 2015 durch die Stadt beschieden, dass ihr Kind bis zur Versetzung in die fünfte Jahrgangsstufe über vier Stunden täglich eine Kindertagesstätte in der Stadt in Anspruch nehmen dürfe. Der an der Grundschule des Kindes angeschlossene Hort weigerte sich jedoch das Kind aufzunehmen. Der Hort wurde aufgrund eines Vertrags mit der Stadt von einem privaten Träger betrieben. Der Träger verwies auf eine frühere, heftig geführte Auseinandersetzung mit den Eltern, als das Kind eine andere Betreuungseinrichtung des Trägers besuchte. Ihm sei daher der Abschluss eines Betreuungsvertrags mit den Eltern unzumutbar. Der Träger schlug vor, dass das Kind den nächst liegenden Hort besuchen könne. Dies hielten die Eltern wiederum angesichts der Entfernung des Horts von der Grundschule von drei Kilometern für unzumutbar. Sie beantragten daher im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aufnahme in den Hort und den Abschluss eines entsprechenden Betreuungsvertrags. Das Verwaltungsgericht Cottbus wies den Antrag zurück. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Eltern.
Anspruch auf Übernahme der Betreuung und Abschluss eines Betreuungsvertrags
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschied zu Gunsten der Eltern und hob daher die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf. Den Eltern stehe ein Anspruch auf Übernahme der Betreuung ihres Kindes sowie auf Abschluss eines entsprechenden Betreuungsvertrags zu.
Privater Träger des Horts zur Betreuung verpflichtet
Der private Träger sei aufgrund des mit der Stadt geschlossenen Vertrags grundsätzlich verpflichtet, so das Oberverwaltungsgericht, alle Kinder, die die Grundschule besuchen und einen Anspruch auf Tagesbetreuung haben, zu betreuen und entsprechende Betreuungsverträge mit den Eltern abzuschließen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn lediglich eine Betreuungseinrichtung existiert und keine zumutbaren Betreuungsalternativen zur Verfügung stehen. So liege der Fall hier.
Unzumutbare Betreuungsalternative
Nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts sei die von dem Träger vorgeschlagene Alternative für das Kind und die Eltern unzumutbar. Einem sechsjährigen Kind könne das eigenständige Zurücklegen einer Entfernung von drei Kilometern nicht zugemutet werden. Berufstätigen Eltern sei ein Transport des Kindes ebenfalls nicht zuzumuten. Unabhängig davon stehe der Betreuung durch den anderen Hort den sozialen Aspekt der Hortbetreuung auf dem Schulgelände, also in vertrauter Umgebung und mit den Mitschülern, entgegen. Auf einen Schulwechsel müssen sich die Eltern ebenfalls nicht einlassen.
Abschluss eines Betreuungsvertrags aufgrund von Auseinandersetzungen nicht unzumutbar
Das Oberverwaltungsgericht verwies zudem darauf, dass eine Auseinandersetzung zwischen dem Träger einer Kindertagesstätte und Eltern dort betreuter Kinder für sich genommen nicht die Unzumutbarkeit des Abschlusses eines weiteren Betreuungsvertrags für eine andere Einrichtung begründe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.07.2017
Quelle: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, ra-online (vt/rb)