Dokument-Nr. 10569
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Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss11.11.2010
Staatsanwaltschaft muss Presse Auskunft über die Begleitumstände des Todes der Jugendrichterin Kirsten Heisig gebenRecht der Hinterbliebenen steht einer Berichterstattung nicht entgegen, solange das Andenken der Verstorbenen nicht belastet wird
Die genauen Umstände des Todes von Kirsten Heisig dürfen nicht länger unter Verschluss gehalten werden. Die Presse hat einen Anspruch auf Auskunft über die objektiven Begleitumstände des Todes der Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden.
Das Oberverwaltungsgericht hat den Generalstaatsanwalt in Berlin im Wege einer Eilentscheidung verpflichtet, dem Journalisten Gerhard Wisnewski Auskunft zu erteilen über die Todesursache und den Todeszeitpunkt von Frau Heisig, den Fundort und die Auffindesituation der Leiche, darüber, welche Fakten eine Fremdverursachung des Todes ausschließen und welche objektiven Anhaltspunkte für ein planvolles Vorgehen von Frau Heisig in Bezug auf ihren eigenen Tod sprechen. Nicht erfasst sind dagegen etwaige Erkenntnisse über Hintergründe und Motive einer Selbsttötung.
Legitimes öffentliches Interesse an Informationen
Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, Frau Heisig sei aufgrund ihres beruflichen, rechtspolitischen und publizistischen Engagements bundesweit bekannt gewesen. Es bestehe ein legitimes öffentliches Interesse an Informationen über ihren - jedenfalls für die Öffentlichkeit unerwarteten - Tod, zumal die Frage eines Zusammenhangs zwischen ihrem Tod und ihrer Tätigkeit im Raum stehe.
Auskünfte können nicht mit dem Hinweis auf schutzwürdige Interessen der Verstorbenen oder ihrer Hinterbliebenen verweigert werden
Die erbetenen Auskünfte könnten nicht mit dem Hinweis auf schutzwürdige Interessen der Verstorbenen oder ihrer Hinterbliebenen verweigert werden. Zwar wirke der Schutz der Persönlichkeit auch über den Tod hinaus und verbiete insbesondere eine unwahre oder herabsetzende Berichterstattung, wobei im Falle einer Selbsttötung eine besondere Zurückhaltung der Presse erforderlich sei.
Journalist möchte Auskünfte über die objektiven Umstände des Todes
Vorliegend gehe es dem Antragsteller jedoch nicht darum, die näheren Umstände und Hintergründe eines Selbstmordes darzustellen, sondern um Auskünfte über die objektiven Umstände des Todes, um die Bewertung als Selbsttötung überhaupt nachvollziehen zu können. Auch das Recht der Hinterbliebenen, in ihrer Trauer um die Verstorbene respektiert zu werden, stehe einer Berichterstattung über die objektiven Todesumstände nicht entgegen, solange das Andenken an die Verstorbene nicht belastet und die familiären Umstände nicht thematisiert würden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.11.2010
Quelle: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg/ ra-online
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