21.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil05.07.2007

Telefonauskunft: Inverssuche erfordert keine Zustimmung des Anschluss­nehmersBGH erleichtert Herausgabe von Daten an Dritte

Telefo­n­aus­kunfts­dienste dürfen unter bestimmten Voraussetzungen die so genannte Inverssuche durchführen, bei der Auskunfts­su­chende unter Nennung einer bestimmten Telefonnummer Name und Anschrift eines Anschluss­in­habers erhält. Die Inversauskunft ist immer dann erlaubt, wenn der Anschluss­inhaber ihr nicht ausdrücklich widersprochen hat, entschied der Bundes­ge­richtshof.

Die Beklagte betreibt in mehreren Städten ein Telekom­mu­ni­ka­ti­o­nsnetz für die Öffentlichkeit und vergibt an ihre Endnutzer Rufnummern. Die Klägerin unterhält einen telefonischen Auskunftsdienst, bei dem Anrufer Telefon- und Telefaxnummern erfragen und sich gegebenenfalls weiter­ver­mitteln lassen können. Die Klägerin bietet hierbei auch die sogenannte Inverssuche an, bei der Name und Anschrift eines Anschluss­in­habers in Erfahrung gebracht werden können, von dem nur die Rufnummer bekannt ist.

Die Beklagte versieht ihre Teilnehmerdaten, die sie für die Zwecke der Auskunfts­dienste weitergibt, bislang mit einem die Zulässigkeit der Inverssuche kennzeichnenden Vermerk nur, sofern ihre Kunden in diese ausdrücklich eingewilligt haben. Die Klägerin hält die Beklagte hingegen für verpflichtet, in ihren Datensätzen diesen Vermerk ("Inverssuche: ja") bereits dann anzubringen, wenn deren Anschlussnehmer dieser Suchfunktion nicht widersprochen haben. Der größte Teil der Anschlussnehmer willigt erfahrungsgemäß weder in die Inverssuche ein noch widerspricht er ihr. Die Vorinstanzen haben die Klage, mit der die Klägerin ihre Auffassung gegenüber der Beklagten durchzusetzen versucht, abgewiesen.

Der Bundes­ge­richtshof hat jedoch der Klägerin im wesentlichen Recht gegeben. Nach § 47 Abs. 1 und 2 des Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­ge­setzes (TKG)* kann ein Auskunfts­dien­st­un­ter­nehmen von einem Teilneh­mer­netz­be­treiber verlangen, dass dieser unter Beachtung der daten­schutz­recht­lichen Regelungen die für die Erteilung der Auskünfte erforderlichen Daten zur Verfügung stellt. Der Datenschutz für die Inverssuche ist unter anderem in § 105 Abs. 3 TKG** geregelt. Danach ist diese Suchoption zulässig, wenn ihr der Kunde nach einem entsprechenden Hinweis nicht widersprochen hat. Entgegen der Ansicht des Land- und des Oberlan­des­ge­richts gewährt diese Bestimmung nicht nur einen daten­schutz­recht­lichen Mindeststandard, über den der Teilneh­mer­netz­be­treiber hinausgehen darf. Vielmehr kann er hierüber nicht disponieren, weil den Datenschutz bei der Auskunft­s­er­teilung nicht er, sondern der jeweilige Auskunfts­dienst­leister zu gewährleisten hat. Der Teilneh­mer­netz­be­treiber hat lediglich seinen Kunden den nach § 105 Abs. 3 TKG erforderlichen Hinweis zu erteilen und einen etwaigen Widerspruch in seinen Kundendateien, welche er nach § 47 Abs. 1 und 2 TKG den Auskunfts­dien­st­un­ter­nehmen zur Verfügung zu stellen hat, zu vermerken (§ 105 Abs. 4 TKG).

Erläuterungen

*§ 47 TKG

(1) Jedes Unternehmen, das Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­dienste für die Öffentlichkeit erbringt und Rufnummern an Endnutzer vergibt, ist verpflichtet, unter Beachtung der anzuwendenden daten­schutz­recht­lichen Regelungen, jedem Unternehmen auf Antrag Teilnehmerdaten nach Absatz 2 Satz 4 zum Zwecke der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunfts­diensten und Teilneh­mer­ver­zeich­nissen zur Verfügung zu stellen. Die Überlassung der Daten hat unverzüglich und in nicht­dis­kri­mi­nie­render Weise zu erfolgen.

(2) Teilnehmerdaten sind die nach Maßgabe des § 104 in Teilneh­mer­ver­zeich­nissen veröf­fent­lichten Daten. Hierzu gehören neben der Nummer sowohl die zu veröf­fent­li­chenden Daten selbst wie Name, Anschrift und zusätzliche Angaben wie Beruf, Branche, Art des Anschlusses und Mitbenutzer, soweit sie dem Unternehmen vorliegen. Dazu gehören auch alle nach dem jeweiligen Stand der Technik unter Beachtung der anzuwendenden daten­schutz­recht­lichen Regelungen in kundengerechter Form aufbereiteten Informationen, Verknüpfungen, Zuordnungen und Klassi­fi­zie­rungen, die zur Veröf­fent­lichung dieser Daten in öffentlich zugänglichen Auskunfts­diensten und Teilneh­mer­ver­zeich­nissen nach Satz 1 notwendig sind. Die Daten müssen vollständig und inhaltlich sowie technisch so aufbereitet sein, dass sie nach dem jeweiligen Stand der Technik ohne Schwierigkeiten in ein kunden­freundlich gestaltetes Teilneh­mer­ver­zeichnis oder eine entsprechende Auskunfts­diens­te­da­tenbank aufgenommen werden können.

** § 105 TKG

(1) Über die in Teilneh­mer­ver­zeich­nissen enthaltenen Rufnummern dürfen Auskünfte unter Beachtung der Beschränkungen des § 104 und der Absätze 2 und 3 erteilt werden.

2) Die Telefonauskunft über Rufnummern von Teilnehmern darf nur erteilt werden, wenn diese in angemessener Weise darüber informiert worden sind, dass sie der Weitergabe ihrer Rufnummer widersprechen können und von ihrem Wider­spruchsrecht keinen Gebrauch gemacht haben. Über Rufnummern hinausgehende Auskünfte über nach § 104 veröffentlichte Daten dürfen nur erteilt werden, wenn der Teilnehmer in eine weitergehende Auskunft­s­er­teilung eingewilligt hat.

(3) Die Telefonauskunft von Namen oder Namen und Anschrift eines Teilnehmers, von dem nur die Rufnummer bekannt ist, ist zulässig, wenn der Teilnehmer, der in ein Teilneh­mer­ver­zeichnis eingetragen ist, nach einem Hinweis seines Diens­tean­bieters auf seine Wider­spruchs­mög­lichkeit nicht widersprochen hat.

(4) Ein Widerspruch nach Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 oder eine Einwilligung nach Absatz 2 Satz 2 sind in den Kundendateien des Diens­tean­bieters und des Anbieters nach Absatz 1, die den Verzeichnissen zugrunde liegen, unverzüglich zu vermerken. Sie sind auch von den anderen Diens­tean­bietern zu beachten, sobald diese in zumutbarer Weise Kenntnis darüber erlangen konnten, dass der Widerspruch oder die Einwilligung in den Verzeichnissen des Diens­tean­bieters und des Anbieters nach Absatz 1 vermerkt ist.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 92/07 des BGH vom 06.07.2007

der Leitsatz

TKG 2004 § 47 Abs. 1; § 105 Abs. 3

Der Teilneh­mer­netz­be­treiber ist nicht berechtigt, die "Freigabe" der Inverssuche in den gemäß § 47 Abs. 1 TKG 2004 den Auskunfts­dienst­be­treibern zur Verfügung zu stellenden Datensätzen von der Einwilligung seiner Kunden abhängig zu machen. Er ist vielmehr im Verhältnis zu den Auskunfts­dienst­be­treibern zur Anwendung der Wider­spruchs­lösung des § 105 Abs. 3 TKG 2004 verpflichtet.

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