15.11.2024
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Dokument-Nr. 838

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EntscheidungOberlandesgericht Stuttgart2 U 146/01
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Oberlandesgericht Stuttgart Entscheidung

Zur Rechtsberatung durch die Caritas in sozialen Angelegenheiten

Die Rechts­an­walts­kammer Stuttgart erhob gegen die Caritas e.V. eine wettbe­wer­bs­rechtliche Klage (§ 1 UWG) beim Landgericht Stuttgart mit dem Antrag, der Caritas zu untersagen, dergestalt Dritten Rechtsrat zu erteilen oder erteilen zu lassen, dass diesen Eingaben an Gerichte vorformuliert werden, ausgenommen Tätigkeiten im Rahmen von § 305 der Insol­ven­z­ordnung.

Mit Urteil vom 29. März 2001 hat das Landgericht (5 KfH O 21/01) dem Antrag im Prinzip stattgegeben, der Caritas dabei aber zugestanden, in Angelegenheiten, die wegen Eilbe­dürf­tigkeit keinen Aufschub dulden sowie zur Erlangung von Prozess­kos­tenhilfe auch Eingaben bei Gericht zu formulieren.

Der Rechts­an­walts­kammer ging dieses Zugeständnis zu weit. Sie legte Berufung ein, während sich die Caritas mit dem Urteil zunächst zufrieden gab, dann aber mit einer sogenannten „unselbständigen Anschluss­be­rufung“ ihr Begehren auf komplette Klagabweisung, weiterverfolgte.

Am Freitag, dem 9. November 2001 fand die öffentliche Verhandlung beim 2. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts Stuttgart statt.

Der Senat brachte zum Ausdruck, dass er dazu neigte, der unselbständigen Anschluss­be­rufung der Caritas stattzugeben, also die Klage insgesamt abzuweisen. Für die Caritas als „verlängerter Arm“ der Katholischen Kirche als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gelten die Einschränkungen des Rechts­be­ra­tungs­ge­setzes nach § 3 Nr. 1 RBerG insoweit nicht, als sich die Caritas im Aufgabenbereich des § 8 Abs. 2 des Bundes­so­zi­a­l­hil­fe­ge­setzes (BSHG) bewegt, wonach Rechtsberatung in Fragen der Sozialhilfe und sonstigen sozialen Angelegenheiten zur persönlichen Hilfe nach dem BSHG gehört. Nach Auffassung des Senats gehört zu den insoweit zulässigen Tätigkeiten das Vorformulieren auch von Eingaben an Gerichte, sofern die Klienten die Eingabe selbst unterschreiben; hierin sei noch „Rechtsberatung“ zu sehen, während die Unterzeichnung von Eingaben durch Mitarbeiter der Caritas selbst (in Vertretung für den Klienten) bereits als unzulässige Rechts­ver­tretung einzustufen sei.

Zwar weist § 8 Abs. 2 BSHG die genannte Beratung Organisationen wie der Caritas nur zu, „soweit [diese] nicht von anderen Stellen oder Personen wahrzunehmen ist“. Als solche Stellen kommen namentlich die Rechtsanwälte nach dem Beratungs­hil­fe­gesetz (BerHG) in Betracht, wobei dieses allerdings nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 (BerHG) auch nur anwendbar ist, wenn nicht andere Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen. Nach Auffassung des Senats kann diese Hin- und Rückverweisung nicht zu Ungunsten der Caritas ausschlagen, weshalb der von der Anwaltskammer geltend gemachte Unter­las­sungs­an­spruch nicht bestehe.

Zu einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts wird das Verfahren nicht führen, weil die Anwaltskammer nach Bekanntgabe der Rechtsansicht des Senats ihre Berufung zurückzog und dadurch auch der unselbständigen Anschluss­be­rufung der Caritas den Boden entzog.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 22.11.2001

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