18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 26080

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil22.06.2018

Dienstherr hat keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Dienst­un­fä­higkeit einer Beamtin nach Hundebiss während des SabbatjahresVoraussetzungen eines Anspruch­übergangs gemäß § 81 LBG BW nicht erfüllt

Das Oberlan­des­ge­richts Stuttgart hat in einem Schadens­ersatz­prozess wegen der Dienst­un­fä­higkeit einer Beamtin durch einen Hundebiss während ihres Sabbatjahres Ansprüche des Dienstherrn verneint. Das Landgericht Rottweil hatte zuvor dem Land Baden-Württemberg als Dienstherrn der verletzten Beamtin über 7.000 Euro zugesprochen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beamtin war während ihres Sabbatjahres am 12. Februar 2015 im Landkreis Tuttlingen vom Hund des beklagten Hundehalters unvermittelt von hinten in die Kniekehle gebissen worden. Sie erlitt neben starken Schmerzen und Krämpfen u.a. eine tiefe Venenthrombose, die zur Aufhebung ihrer Dienstfähigkeit in einem Zeitraum von zwei Monaten führte. Während dieser Zeit wurden - wie im gesamten Sabbatjahr - ihre Dienstbezüge weiterbezahlt. Nach § 81 Landes­be­am­ten­gesetz Baden-Württemberg (LBG BW) geht ein möglicher Schaden­s­er­satz­an­spruch des verletzten Beamten auf den Dienstherrn über, soweit dieser während der auf der Körper­ver­letzung beruhenden Aufhebung der Dienstfähigkeit zur Gewährung der Leistung verpflichtet ist. Das Land und der Hundehalter streiten darüber, ob dies auch während des sogenannten Sabbatjahres einer Beamtin gilt, was erstinstanzlich bejaht wurde.

OLG verneint Ersatzanspruch für bezahlte Dienstbezüge während der Dienst­un­fä­higkeit

Dagegen hat das Oberlan­des­gericht entschieden, dass dem klagenden Land kein Ersatzanspruch für die im Zeitraum der Dienstunfähigkeit der Beamtin bezahlten Dienstbezüge zustehe. Der Beamtin sei zum Einen schon kein eigener ersatzfähiger Erwerbsschaden entstanden, zum anderen sei der Hundebiss nicht kausal für die Erbringung der Dienstbezüge, was aber Voraussetzung eines Anspruch­übergangs gemäß § 81 LBG BW auf den Dienstherrn sei.

Keine Dienst­leis­tungs­pflicht im Freistel­lungsjahr

Eine Beein­träch­tigung der Dienstfähigkeit führe erst dann zu einem Vermögensschaden, wenn diese sich konkret auswirke, da die Beamtin ihre Arbeitskraft verlet­zungs­bedingt tatsächlich nicht verwerten könne. Dies sei aber in der Freistel­lungsphase einer nach § 69 Abs. 5 LBG BW bewilligten Teilzeit­be­schäf­tigung (sog. Sabbatjahr) nicht der Fall. Vielmehr habe die Beamtin im Freistel­lungsjahr keine Dienst­leis­tungs­pflicht, da sie in den Jahren zuvor durch Mehrarbeit ein Arbeits­zeit­guthaben für das Sabbatjahr erwirtschaftet habe. Dabei führten Ausfallzeiten infolge kurzer Dienst­un­fä­hig­keiten - anders als bei Zusammentreffen von Urlaubs- und Krank­heits­zeiten - weder zu einer Verkürzung noch zu einer Verlängerung des Sabbatjahres. Das Berufungs­gericht lässt es dabei offen, ob die verletzte Beamtin selbst möglicherweise einen Schaden­s­er­satz­an­spruch wegen der Beein­träch­tigung ihrer Freizeit und dem eingeschränkten Genuss des Sabbatjahres habe.

Kein Anspruch auf Schadensersatz wegen fehlender Ursächlichkeit zwischen Schaden­se­r­eignis und Leistungs­pflicht

Zudem fehle es an der nach dem Wortlaut des § 81 LBG BW erforderlichen Ursächlichkeit zwischen dem Hundebiss als Schaden­se­r­eignis und der Leistungs­pflicht des Landes. Die Dienstbezüge wurden gerade nicht aufgrund der Dienst­un­fä­higkeit der Beamtin, sondern aufgrund der vorgeleisteten Tätigkeit der Beamtin und dem Bestand ihres Arbeits­zeit­kontos während der Freistel­lungsphase bezahlt.

Auf die Berufung des Hundehalters wurde somit seine Verurteilung zur Erstattung der vom Land während der Dienst­un­fä­higkeit an die Beamtin bezahlten Dienstbezüge aufgehoben.

Relevante Normen:

Erläuterungen

Bürgerliches Gesetzbuch

§ 833 Haftung des Tierhalters

1 Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

§ 842 Umfang der Ersatzpflicht bei Verletzung einer Person

Die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt.

§ 81 Landes­be­am­ten­gesetz Baden-Württemberg

Übergang des Schaden­er­satz­an­spruchs

(1) Werden Beamtinnen und Beamte oder Versor­gungs­be­rechtigte oder eine oder einer ihrer Angehörigen körperlich verletzt oder getötet, so geht ein gesetzlicher Schaden­er­satz­an­spruch, der diesen Personen infolge der Körper­ver­letzung oder der Tötung gegen einen Dritten zusteht, insoweit auf den Dienstherrn über, als dieser während einer auf der Körper­ver­letzung beruhenden Aufhebung der Dienstfähigkeit oder infolge der Körper­ver­letzung oder der Tötung zur Gewährung von Leistungen verpflichtet ist.

§ 69 LBG BW

(4) Beamtinnen und Beamten mit Dienstbezügen kann auf Antrag Teilzeit­be­schäf­tigung mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit bis zur jeweils beantragten Dauer bewilligt werden, soweit dienstliche Belange nicht entgegenstehen.

(5) Die oberste Dienstbehörde kann für ihren Dienstbereich, auch für einzelne Gruppen von Beamtinnen und Beamten, zulassen, dass Teilzeit­be­schäf­tigung nach Absatz 4 auf Antrag in der Weise bewilligt wird, dass der Teil, um den die regelmäßige Arbeitszeit im Einzelfall ermäßigt ist, zu einem zusam­men­hän­genden Zeitraum von bis zu einem Jahr zusammengefasst wird (Freistel­lungsjahr). Das Freistel­lungsjahr soll am Ende des Bewil­li­gungs­zeitraums in Anspruch genommen werden.

Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart/ra-online

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