21.11.2024
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Dokument-Nr. 3577

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil21.12.2006

Mietminderung - weniger Gewerbemiete wegen Einzugs von Hartz-IV-BehördeRecht zur Mietminderung bei sich verschlech­ternder Mieterstruktur

Qualität und Quantität des Besucher­verkehrs von Mitmietern können als Mangel im Rahmen eines gewerblichen Mietver­hält­nisses bewertet werden und zur Mietminderung in Höhe von 15 % berechtigen. Das hat das Oberlan­des­gericht Stuttgart entschieden.

Die Beklagte hat von der Klägerin Büroräume angemietet. Diese hatte dafür geworben, dass sie Büroräume mit exklusivem Ambiente in außer­ge­wöhn­licher Lage anzubieten habe. Der Mietzins lag über dem Höchstsatz des örtlichen Mietspiegels für Gewerbeobjekte. Andere Mieter sind eine Versi­che­rungs­gruppe, eine Steuerberater- und Wirtschafts­prü­fer­kanzlei und eine Arztpraxis. Der Zugang zum Gebäude war nur mit einer Codekarte oder durch Anmeldung über die Sprechanlage möglich.

Später hat die Agentur für Arbeit mehrere Etagen des Hauses für die Betreuung von Langzeit­a­r­beitslosen und arbeitsfähigen Sozia­l­hil­fe­emp­fängern ("Hartz IV -Abteilung") sowie für eine Sucht­be­ra­tungs­stelle und eine Schuld­ner­be­ratung angemietet. Dort verkehren täglich bis zu 500 Besucher; die Zugangs­kon­trol­l­anlage kann diesen Besucherverkehr nicht mehr bewältigen. Die Eingangstür steht deshalb zu den Öffnungszeiten der Agentur für Arbeit offen.

Zum Schutz ihrer eigenen Mitarbeiter hat die Agentur für Arbeit einen Sicher­heits­dienst beauftragt, der auf den Fluren innerhalb der angemieteten Stockwerke patroulliert.

Der Mieter macht eine Mietminderung von 50 % geltend, da die Anzahl und das Verhalten der "Hartz IV- Behörde" Besucher negative Auswirkungen auf das Mietobjekt habe. Die fehlende Zugangs­kon­trolle führe dazu, dass unangemeldete Besucher der Behörde auch vor den Büros und Praxen erschienen und sich auch in der Tiefgarage aufhalten.

Nach Auffassung des Senats ist eine Mietminderung von 15 % angemessen. Die Mietsache sei mängelbehaftet. Der Betrieb einer Zugangs­kon­trol­l­anlage sei vertraglich geschuldet. Die Außer­be­triebnahme sei von den Mietern auch nicht akzeptiert worden. Eine vergleichbare Sicherheitslage sei auch nicht durch eine an der Drehtüre postierte Person geschaffen worden.

Der Vermieter schulde hier die Vermietung der übrigen Flächen an solche Mitmieter, deren Besucherverkehr in quantitativer Hinsicht einem Bürobetrieb entspreche und durch eine Zugangs­kon­trol­l­anlage in Verbindung mit der Türsprechanlage bewältigt werden könne.

Auch in qualitativer Hinsicht müsse der Besucherverkehr zumindest den durch­schnitt­lichen Anforderungen gerecht werden. Der 13. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts Stuttgart führt aus: "Zwar verkennt der Senat nicht, dass ein erheblicher Teil der Besucher dem Durchschnitt der Bevölkerung entspricht. Es können aber auch nicht die Augen davor verschlossen werden, dass sich unter den Besuchern des Hartz- IV-Abteilung, der Sucht­be­ra­tungs­stelle und der Schuld­ner­be­ratung ein überdurch­schnitt­licher Anteil von sozial auffällig gewordenen Personen befindet ."

Ergänzende Hinweise:

In zwei weiteren Fällen desselben Bürokomplexes hat der Senat durch Urteile vom 30.11.2006 ebenfalls das Recht auf Mietminderung von 15 % festgesetzt (13 U 54 /06 und 13 U 55/06). Der Heilbronner Mietspiegel für Gewerbeobjekte nennt Beträge zwischen 5,50 € und 10,50 €.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 28.12.2006

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