Ernst & Young hatte Ende 2002 im Auftrag der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Sonderprüfung bei der Phoenix Kapitaldienst GmbH, die auf Rechnung ihrer Anleger Spekulationsgeschäfte mit Optionsscheinen betrieb, durchgeführt und hierbei verschiedene Unregelmäßigkeiten festgestellt, u.a. Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz. Dem Prüfbericht war dagegen nicht zu entnehmen, dass nach den Feststellungen im gegen die Verantwortlichen zwischenzeitlich bereits abgeschlossenen Strafverfahren ein für die wirtschaftliche Situation der Phoenix GmbH entscheidendes Konto nur vorgetäuscht war und die dort angeblich vorhandenen Millionenbeträge tatsächlich nicht existierten. Dies fiel erst nach einem Wechsel in der Geschäftsleitung bei der Phoenix GmbH durch unternehmensinterne Recherchen im Jahr 2005 auf.
In der Folge kam es zu einem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Phoenix GmbH. Von der BaFin wurde der Entschädigungsfall festgestellt, weshalb die EdW Tausende von Anlegern im Gesamtumfang von 200 - 300 Millionen Euro zu entschädigen hat.
Die Klägerin (EdW) möchte festgestellt wissen, dass die Beklagte (Ernst & Young) verpflichtet ist, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden sei, dass die BaFin aufgrund der fehlerhaften Sonderprüfung den Entschädigungsfall bei der Phoenix GmbH nicht spätestens am 29.05.2003, sondern erst am 15.03.2005 festgestellt habe.
Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass die EdW keinen Schadensersatz von Ernst & Young verlangen kann und dabei offengelassen, ob Letztere ihre vertraglichen Pflichten verletzt hat.
Eigene Rechte könne die Klägerin aus dem zwischen der BaFin und Ernst & Young geschlossenen Vertrag über die Durchführung der Sonderprüfung bei der Phoenix GmbH im Jahr 2002 nicht herleiten, weil die Voraussetzungen für eine Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich dieses Vertrages nicht gegeben seien. Zwar möge die BaFin ein Interesse an der Einbeziehung gehabt haben und die Klägerin schutzbedürftig gewesen sein, jedoch fehle es an der erforderlichen Nähe der Klägerin zu der von der Beklagten zu erbringenden Leistung. Jedenfalls aber seien die für eine Einbeziehung erforderlichen Umstände für die Beklagte nicht erkennbar gewesen, zumal die BaFin mit der Anordnung der Sonderprüfung ersichtlich eigene Aufgaben erfüllt habe.
Die Einbeziehung der Klägerin sei dem Vertrag zwischen der BaFin und der Beklagten weder ausdrücklich, noch im Wege der Auslegung zu entnehmen. Angesichts des für die Beklagte dadurch entstehenden unkalkulierbaren Risikos könne auch nicht angenommen werden, dass die BaFin und die Beklagte bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien eine Einbeziehung der Klägerin vereinbart hätten, wenn ihnen diese Frage im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bewusst gewesen wäre.
Soweit die Klägerin Ansprüche geltend macht, die ihr von der BaFin abgetreten worden sind, hat das Oberlandesgericht ebenfalls einen Anspruch verneint. Die BaFin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte gehabt, den sie hätte abtreten können. Sie selbst habe keinen Schaden erlitten, weil sie für ein etwaiges Fehlverhalten Dritten, wie beispielsweise den Anlegern oder der Klägerin, nicht haften müsse. Die BaFin könne von der Beklagten auch nicht den Schaden der Klägerin ersetzt verlangen, weil eine solche sog. Drittschadensliquidation nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei, die aber nicht vorlägen.
Das Oberlandesgericht hat den Streitwert des Berufungsverfahrens auf den gesetzlichen Höchstbetrag von 30 Mio. Euro festgesetzt.