21.11.2024
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Dokument-Nr. 3648

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil15.01.2007

Führer­schein­tou­rismus - Fahren mit ausländischem Führerschein während einer in Deutschland verhängten Fahrer­laub­niss­perrfrist ist Fahren ohne FahrerlaubnisEntscheidung zum Erwerb einer tschechischen Fahrerlaubnis während einer noch laufenden Sperrfrist wegen Trunken­heits­delikts

Der 1. Strafsenat des Oberlan­des­ge­richts Stuttgart hat in einem Revisi­ons­ver­fahren einen Fall des so genannten Führer­schein­tou­rismus entschieden.

Dem 31-jährigen Angeklagten war nach wiederholten Verurteilungen wegen Trunkenheit im Verkehr die Fahrerlaubnis gerichtlich entzogen worden. Er hatte dann jedoch noch vor Ablauf der gerichtlich festgesetzten Sperrfrist bei einem eintägigen Aufenthalt in Marienbad in Tschechien für 1.150.- € einen EU- Führerschein erworben. Mit diesem Führerschein hatte er dann nach Ablauf der gerichtlich festgesetzten Sperrfrist in Deutschland wiederholt ein Fahrzeug gelenkt.

In erster Instanz war der Angeklagte durch das Amtsgericht Bad Mergentheim wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu 6 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Das Landgericht Ellwangen hat ihn freigesprochen. Auf die dagegen von der Staats­an­walt­schaft eingelegte Revision hat der 1. Strafsenat das angefochtene Urteil heute aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Ellwangen zurückverwiesen.

Im Urteil wird ausgeführt, dass die gegenseitige Anerkennung von Fahrer­laub­ni­s­er­teilung in den EU - Staaten für die juristische Praxis erhebliche Probleme aufwirft. Im Spannungs­ver­hältnis stehe auf der einen Seite die Verwirklichung von Grundfreiheiten des gemeinsamen Binnenmarktes, vor allem der Freiheit des Perso­nen­verkehrs, und auf der anderen Seite die Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs durch Umgehungs­mög­lich­keiten des nationalen Fahrer­laub­nis­rechts.

Der während des Laufs einer in der Bundesrepublik Deutschland straf­ge­richtlich verhängten Fahrer­laub­niss­perrfrist in einem anderen EU-Mitgliedstaat ausgestellte EU-Führerschein sei hier nicht anerken­nungsfähig. Dieser EU - Führerschein werde auch nicht dadurch wirksam, dass die Sperrfrist abgelaufen sei. Der Angeklagte hätte also nicht mit der Begründung frei gesprochen werden dürfen, dass das Europarecht die Anerkennung auch derart erworbener Führerscheine gebietet. Einen Grundsatz "Europa­f­reund­lichkeit geht vor Verkehrs­si­cherheit" gebe es nicht. Die Präambel der EU - Führer­schein­richtlinie nenne ausdrücklich das Anliegen, "die Sicherheit im Straßenverkehr zu verbessern". Diese heutige Entscheidung stehe zu der Rechtsprechung des EuGH (EuGH, Urt. v. 29.04.2004 - C-476/01 -) nicht in Widerspruch.

Eine andere Strafkammer des Landgerichts Ellwangen wird nun erneut über die dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten zu entscheiden haben.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 15.01.2007

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