15.11.2024
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Oberlandesgericht Schleswig-Holstein Urteil28.02.2006

Entfernung eines Kunstwerks verletzt nicht das Urheberrecht des KünstlersLand Schleswig-Holstein durfte Plastik des Künstlers Prof. HD Schrader entfernen

Der für Urheber­rechtss­trei­tig­keiten zuständige 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlan­des­ge­richts hat, wie bereits zuvor in erster Instanz das Landgericht Kiel, eine Urheber­rechts­ver­letzung durch die Fielmann Akademie Schloß Plön verneint und die Klage des Künstlers abgewiesen.

Der Kläger ist ein für seine Groß-Plastiken international bekannter Künstler. Er schuf für die Somme­rausstellung des Plöner Schlosses 1990 das Kunstwerk "KUBUS-BALANCE". Die Groß-Plastik wurde im Schlossgarten aufgestellt. In der Folgezeit erwarb das Land Schleswig-Holstein als damalige Grund­s­tücks­ei­gen­tümerin das Werk für 32.000 DM, überwiegend finanziert aus Spendengeldern. Im Januar 2002 veräußerte das Land Schleswig-Holstein das Plöner Schloss an die Fielmann Akademie Schloß Plön GmbH, die nach aufwendiger Sanierung die Räumlichkeiten als Ausbil­dungs­stätte für Augenoptiker nutzt. Im Kaufvertrag wurde das Kunstwerk "KUBUS-BALANCE" vom Verkauf ausgenommen. Das Land verpflichtete sich darin, für das Kunstwerk einen anderen angemessenen Standort außerhalb des Plöner Schlosses zu bestimmen und es bis spätestens 31. Dezember 2002 zu demontieren. Dementsprechend wurde die Plastik aus dem Schlossgarten entfernt und in zwei großen Bestandteilen im Auftrag des Landes auf einem privaten Bauhof in Kiel eingelagert, wo sie sich noch befindet.

Der Kläger machte mit seiner Klage geltend, die jetzige Eigentümerin müsse eine Rückführung der Plastik zum Plöner Schloss dulden. Seine Plastik sei ortsbezogen konzipiert und entfalte ihre Wirkung nur im dortigen Schlossgarten, weshalb die Entfernung sein Urheberrecht verletze. Ein anderer Standort, wie vom Land vorgeschlagen, komme für die Plastik nicht in Betracht.

Das OLG folgt in seinem Urteil dieser Argumentation nicht: Der Urheber eines veröf­fent­lichten Werkes hat zwar das Recht, eine Entstellung oder andere Beein­träch­tigung seines Werkes zu verbieten, wenn diese geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen an dem Werk zu gefährden. Selbst wenn man zugunsten des Klägers von einem ortsbezogenen Kunstwerk ausgeht, sind die Interessen des Urhebers nach Ansicht des Senats nicht gefährdet.

Das Urheber­per­sön­lich­keitsrecht schützt das Interesse des Künstlers, zu entscheiden, ob, wann und in welcher Gestalt sein Werk an die Öffentlichkeit tritt. Nur solange es der Öffentlichkeit zugänglich ist, ist es rechtlich vor Veränderungen geschützt. Derzeit aber wird das Werk des Klägers nicht in der Öffentlichkeit dargeboten.

Das Urteil führt weiter aus, die Klage hätte auch dann keinen Erfolg gehabt, wenn man in diesem Punkt anderer Ansicht sei. Denn bei der Ausübung des Urheber­per­sön­lich­keits­rechts ist abzuwägen zwischen dem Interesse des Künstlers an der unbeein­träch­tigten Erhaltung seines Werkes einerseits und dem entge­gen­ste­henden Interesse des Landes Schleswig-Holstein an der freien Verfügung über sein Eigentum andererseits. Nach der Wertung des Oberlan­des­ge­richts fällt diese Abwägung zugunsten der freien Eigen­tums­ver­fügung aus. Der Eigentümer erwirbt ein Kunstwerk in der Regel, um sich an seinem Besitz zu erfreuen und den ästhetischen Eindruck auf sich und Andere wirken zu lassen. Ändert sich der Geschmack des Eigentümers, ist er des Kunstwerkes aus irgendwelchen Gründen überdrüssig geworden, so kann er es verkaufen, tauschen, verschenken oder einfach seinem oder dem Anblick Dritter entziehen. Nach ständiger, bis zu Urteilen des Reichsgerichtes zurück­rei­chender Rechtsprechung kann dem Eigentümer grundsätzlich auch nicht das Recht versagt werden, das Kunstwerk völlig zu vernichten: Der Künstler, der das Werk zu Eigentum veräußere und dafür in der Regel ein Entgelt empfange habe, müsse von vornherein mit diesem möglichen Schicksal seines Werkes in der Hand des Besitzers rechnen.

Dem Künstler steht es frei, so das OLG, sich gegen dieses Risiko vertraglich oder bei ortsbezogenen Werken gegebenenfalls durch Eintragung in das Grundbuch abzusichern. Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Schleswig-Holstein vom 28.02.2006

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