Dokument-Nr. 4355
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Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss02.11.2006
Panikattacken und Angstzustände im Job reichen allein nicht für eine BerufsunfähigkeitOLG Saarbrücken zur Substantiierungslast hinsichtlich des Vorliegens von Berufsunfähigkeit
Wer im Berufsleben unter Panikattacken oder Angstzuständen leidet, ist deswegen noch lange nicht berufsunfähig. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken hervor. Der Versicherte muss vielmehr alles ihm Zumutbare versuchen, um seinen emotionalen Zustand "in den Griff" zu bekommen. Dazu gehört z.B. die Einnahme von Medikamenten oder die Aufnahme einer ärztlichen Behandlung.
Im zugrunde liegenden Fall meinte eine Frau, die Anwärterin für das Lehramt an einer Grundschule war, berufsunfähig zu sein. Als sie verstärkt selbständig den Unterricht leiten sollte, setzten bei ihr Magenkrämpfe, Essstörungen, Panikattacken, Schlafstörungen, Weinkrämpfe und Kopfschmerzen in den Nächten und am Morgen vor dem Unterrichtsbeginn ein. Die Frau begab sich wegen dieser Leiden aber nicht in ärztliche Behandlung und nahm auch keine Medikamente ein.
Das Oberlandesgericht wies die Klage der angehenden Lehrerin ab.
Die Frau habe nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt, dass sie überhaupt infolge von Krankheit voraussichtlich dauernd außer Stande gewesen sei, ihre Ausbildung als Lehramtsanwärterin fortzuführen und abzuschließen.
Wer als Versicherungsnehmer Berufsunfähigkeit wegen psychischer Befindlichkeitsstörungen behaupte, sei gehalten näher darzulegen, welche gesundheitlichen Hindernisse ihn in welcher konkreten Weise beeinträchtigten, die Anforderungen eines Berufs zu erfüllen.
Dazu kann im Einzelfall auch zählen, dass er darlegt, aus welchen Gründen es ihm nicht möglich gewesen ist, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch zugängliche und ohne weiteren zumutbare eigene Anstrengungen "in den Griff" zu bekommen, weil nur dann geprüft und gegebenenfalls Beweis erhoben werden kann, ob eine Störung von Krankheitswert vorgelegen hat, "infolge" derer die versicherte Person "außer Stande" gewesen ist, in ihrem Beruf weiter tätig zu sein. Daran fehle es hier völlig.
Dass sie sich nicht in ärztliche Behandlung begeben und keine Medikamente genommen habe, um zu versuchen, ihre psychischen Probleme zu bewältigen, spreche im Hinblick auf dienstrechtlichen Folgen des "Versagens" im Unterricht und ihre Verantwortung vor den ihr anvertrauten Grundschulkindern eher dagegen, dass sie wirklich "außer Stande" war, weiter beruflich tätig zu sein. Auch könne in keiner Weise erkannt werden, dass tatsächlich zu den Zeitpunkten der von ihr behaupteten Berufsunfähigkeit auf Grund sorgfältiger ärztlicher Prüfung davon auszugehen gewesen wäre, eine Veränderung ihrer Befindlichkeit sei in absehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.06.2007
Quelle: ra-online
der Leitsatz
1. Magen- und Darmbeschwerden sowie Angstzustände einer Lehramtsanwärterin vor Unterrichtsbeginn sind nicht generell anzeigepflichtig bei Abschluss eines Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages.
2. Die Voraussetzungen einer konkreten Verweisung müssen zum Zeitpunkt des behaupteten Eintritts des Versicherungsfalls vorliegen.
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