21.11.2024
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Dokument-Nr. 23824

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Urteil25.06.2014Oberlandesgericht Saarbrücken5 U 83/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • zfs 2015, 161Zeitschrift für Schadenrecht (zfs), Jahrgang: 2015, Seite: 161
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Vorinstanz:
  • Landgericht Saarbrücken, Urteil09.10.2013, 14 O 347/12
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil25.06.2014

Keine Ansprüche aus Berufs­un­fä­higkeits- und Unfall­zusatz­versicherung aufgrund vorsätzlicher Herbeiführung einer Spreng­stoff­explosion mittels einer KugelbombeVersicherung kann sich auf Risiko­aus­schluss berufen

Verletzt sich ein Versi­che­rungs­nehmer aufgrund der Explosion einer unter das Spreng­stoff­gesetz fallende und damit erlaubnis­pflichtigen Kugelbombe selbst, steht ihm kein Anspruch auf Leistung aus einer Berufs­un­fä­higkeits- und Unfall­zusatz­versicherung. Aufgrund der strafbaren vorsätzlichen Herbeiführung einer Spreng­stoff­explosion gemäß § 308 StGB kann sich die Versicherung auf Leistungs­freiheit berufen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Saarbrücken entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall wollte ein Eishockey-Fan im Dezember 2008 auf dem Parkplatz der Eissporthalle in Garmisch-Partenkirchen eine unter das Spreng­stoff­gesetz fallende und somit erlaub­nis­pflichtige Kugelbombe zünden. Er zündete sie daher an und warf sie von sich. Nachdem die Kugelbombe nach etwa 30 Sekunden noch nicht explodiert war und die Zündschnur nicht mehr brannte, ging der Fan zu der Bombe, nahm sie wieder auf und zündete abermals die Zündschnur an. Während er die Zündflamme beobachtete, explodierte die Bombe in seinen Händen. Ihm wurden aufgrund der Explosion sämtliche Finger beider Hände abgerissen. Zudem erlitt ein neben ihm stehender Mann eine Splitterwunde unterhalb des rechten Auges. Der Eishockey-Fan beanspruchte aufgrund des Unfalls seine Berufs­un­fä­higkeits- sowie Unfallzusatzversicherung. Nachdem das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen den Fan im Juli 2009 unter anderem wegen vorsätzlicher Herbeiführung einer Spreng­stof­f­ex­plosion strafrechtlich verurteilt hatte, verweigerte die Versicherung die Leistung. Sie verwies auf die vereinbarte Risiko­aus­schluss­klausel, wonach Versi­che­rungs­schutz nicht besteht, wenn der Versi­che­rungsfall durch eine vorsätzliche Straftat verursacht wurde. Dies ließ der Fan nicht gelten. Er führte an, nichts von der Erlaub­nis­pflicht gewusst zu haben. Er sei vielmehr davon ausgegangen, es habe sich um einen ganz normalen Feuerwerkskörper gehandelt. Der Fan erhob daher Klage.

Landgericht gab Klage statt

Das Landgericht Saarbrücken gab der Klage statt. Die Versicherung habe sich nicht auf den Risiko­aus­schluss berufen können, da der Kläger keine vorsätzliche Straftat begangen habe. Zum einen habe dem Kläger das Unrechts­be­wusstsein gefehlt. Zum anderen habe der Kläger lediglich straflose Vorbe­rei­tungs­hand­lungen vorgenommen. Die Schwelle zum strafbaren Versuch sei nicht überschritten worden. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der beklagten Versicherung.

Oberlan­des­gericht verneint Anspruch auf Versi­che­rungs­schutz

Das Oberlan­des­gericht Saarbrücken entschied zu Gunsten der Beklagten und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Kläger habe kein Anspruch auf Versi­che­rungs­schutz zugestanden, da sich die Beklagte auf den Risiko­aus­schluss habe berufen können. Der Kläger habe vorsätzlich eine Spreng­stof­f­ex­plosion herbeigeführt und dadurch fahrlässig Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet (§ 308 StGB).

Vorsatz scheitert nicht an fehlendem Unrechts­be­wusstsein

Der Vorsatz des Klägers sei nicht an einem fehlenden Unrechts­be­wusstsein gescheitert, so das Oberlan­des­gericht. Soweit der Kläger annahm, es habe sich um einen gewöhnlichen Feuer­werks­körper gehandelt, sei dies deshalb unbeachtlich gewesen, weil der Straftatbestand des § 308 StGB nicht voraussetze, dass die Explosion mit einem verbotenen Tatmittel herbeigeführt wurde. Somit müsse sich auch nicht der Vorsatz darauf beziehen. Ein eventueller Verbotsirrtum lasse allenfalls die Schuld, aber nicht den Vorsatz entfallen. Ohnehin sei ein solcher vermeidbar gewesen.

Selbst­schä­digung nicht vom Vorsatz umfasst unerheblich

Der Vorsatz des Klägers sei nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts zudem nicht daran gescheitert, dass der geplante Hergang vom tatsächlichen Gesche­hens­ablauf abwich. Die Abweichung sei trotz der gravierenden Folgen für den Kläger unwesentlich gewesen. Der Kläger hat die Kugelbombe gezündet, woraufhin diese explodierte. Dies habe dem Tatplan des Klägers entsprochen. Dass er selber keinen Schaden nehmen wollte, habe für die Frage, ob er vorsätzlich eine Spreng­stof­f­ex­plosion herbeigeführt habe, keine Rolle gespielt.

Keine straflose Vorbe­rei­tungs­handlung

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts habe der Kläger keine straflose Vorbe­rei­tungs­handlung durchgeführt. Vielmehr habe er durch die Herbeiführung der Spreng­stof­f­ex­plosion eine Straftat vollendet.

Quelle: Oberlandesgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)

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