Im hiesigen Rechtsfall entschloss sich ein Mann, der schon drei Kinder hatte, 1991 zur Sterilisation. Diese wurde von einem niedergelassenen Urologen im Dezember durchgeführt, indem ein Teilstück des Samenleiters entfernt und die verbleibenden Enden des Samenleiters verknotet bzw. umgeklappt und verknotet wurden. Der Erfolg der Operation wurde - durch Untersuchung von Spermaproben - im Januar, Februar und März 1992 kontrolliert und bestätigt.
Bei Sterilisationen kann trotz vollständiger Unterbrechung des Samenleiters nie ausgeschlossen werden, dass der Samenleiter wieder zusammenwächst und wieder funktionsfähig wird (so genannte Rekanalisation). Daher ist ein Jahr nach dem Eingriff eine vierte Nachuntersuchung notwendig. Zu dieser erschien der Mann nicht. 1995 wurde die Ehefrau des sterilisierten Mannes erneut schwanger und gebar einen Sohn.
Der Mann verklagte den Urologen vor dem Landgericht Oldenburg auf Zahlung des Unterhalts für den Sohn. Er behauptete, der Arzt habe die Sterilisation nicht fachgerecht durchgeführt. Außerdem sei er nicht darauf hingewiesen worden, dass eine vierte Untersuchung ein Jahr nach dem Eingriff notwendig sei.
Das Landgericht holte ein Sachverständigengutachten ein, vernahm den Kläger als Partei und vernahm Zeuginnen aus der Praxis. Schließlich wies das Gericht die Klage ab. Der Patient legte Berufung ein. Diese wurde jedoch vom Oberlandesgericht Oldenburg zurückgewiesen.
Hinsichtlich der angeblichen Behandlungsfehler führte das Gericht aus, dass auf der Grundlage der eingehenden Sachverständigenberatung feststehe, dass der Beklagte die Sterilisation im Einklang mit den medizinischen Behandlungsregeln ordnungsgemäß vorgenommen habe. Es stehe nach den gutachterlichen Äußerungen fest, dass – aufgrund der festgestellten Länge des entnommenen Gewebes – die Art des Unterbindens der Samenleiterenden für den Eingriffserfolg nicht im Vordergrund stehe; vielmehr sei die völlige Durchtrennung der Samenleiter unbedingt sicherzustellen. Dies sei erfolgreich geschehen, da bei allen nach dem Eingriff durchgeführten Untersuchungen die dabei vorgenommenen Spermiogramme negativ verlaufen seien. Der Arzt habe darüber hinaus in den Krankenunterlagen zu dem von ihm vorgenommenen Eingriff vermerkt: "Vasoresektion und Ligatur bds.". Daraus ergebe sich, dass der Arzt die Samenleiterenden verschlossen habe. Auf welche Weise dies geschehen muss, müsse in den Krankenunterlagen nicht dokumentiert werden.
Zur fehlenden Aufklärung über die Notwendigkeit der Nachuntersuchung führt das Oberlandesgericht aus, dass der klagende Patient beweispflichtig dafür sei, dass der Arzt seine Pflicht zur Aufklärung nicht erfüllt habe. Das Landgericht hatte hierzu bereits Zeuginnen aus der Arztpraxis vernommen, die bestätigt hatten, dass der Kläger zu Nachuntersuchungen aufgefordert worden sei.
Das Oberlandesgericht vernahm zusätzlich noch den Arzt als beklagte Partei. Dieser erklärte ebenfalls, er habe den Patienten im erforderlichen Umfang aufgeklärt. Das Gericht beanstandete zudem, dass der Patient die naheliegende Vorsichtsmaßnahme, sich seine Hinweise schriftlich bestätigen zu lassen, versäumt habe. Gegen das Unterbleiben jeglicher Aufklärung spräche aber, dass der Patient unstreitig auf die Notwendigkeit weiterer Vorsorgemaßnahmen, insbesondere der postoperativen spermographischen Untersuchungen hingewiesen worden sei. Seine Angaben, dass ihm Sinn und Zweck der Nachuntersuchungen nicht erklärt worden seien, erscheine wenig glaubhaft, zumal er eingeräumt habe, dass ihm vom Arzt angeraten worden sei, in der ersten Zeit Verhütungsmaßnahmen zu ergreifen.
Das Gericht kam letztlich zu dem Ergebnis, dass der Patient nicht bewiesen habe, dass er nicht hinreichend aufgeklärt worden sei. Da der klagende Patient hierfür jedoch beweispflichtig sei, sei zugunsten des beklagten Urologen davon auszugehen, dass er hinreichend aufgeklärt habe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.12.2010
Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg/ra-online