15.11.2024
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Dokument-Nr. 5657

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Urteil11.02.2008Oberlandesgericht Oldenburg15 U 55/07
Vorinstanz:
  • Landgericht Aurich, Urteil09.07.2007, 2 O 290/06
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Oldenburg Urteil11.02.2008

Inwiekenrecht im Fehngebiet ist geltendes Gewohn­heitsrechtInwiekenrecht hat seine Gütigkeit nicht durch das BGB verloren

Das Oberlan­des­gericht Oldenburg hat entschieden, dass das sogenannte "Inwiekenrecht" in Rhauderfehn in Ostfriesland als altes Gewohn­heitsrecht weiterhin Gültigkeit hat. Bei dem Inwiekenrecht handelt es sich um das Recht auf Benutzung eines Randstreifens der Anlie­ger­grund­stücke einer Inwieke (Nebenkanal) auf dem Landweg von der Hauptwieke (Hauptkanal) aus.

Der Entscheidung lag die Klage von zwei Grund­s­tücks­ei­gen­tümern zugrunde, die die benachbarten Grund­s­tücks­ei­gentümer auf Benutzung einer an einer Inwieke angrenzenden Grund­s­tücks­fläche als Weg verklagt hatten. Die Beklagten waren Ende der 90er Jahre erst zugezogen. Die Ostgrenze des Grundstücks der Beklagten verläuft in der Mitte einer heute teilweise zugeschütteten Inwieke. Entlang der Inwieke befindet sich ein Weg. Die Beklagten hatten auf ihrem Grundstück einen Metallzaun errichtet und damit die Wegenutzung entlang der Inwieke durch die Kläger verhindert. Sie beriefen sich u.a. darauf, das Inwiekenrecht habe seine Geltung wegen des Strukturwandels in den Fehnsiedlungen verloren. Im Übrigen könnten die Kläger auch auf andere Weise zu ihren hinterliegenden Grundstücken gelangen.

Das Landgericht Aurich hatte der Klage stattgegeben und die Beklagten auf Duldung der Benutzung des Weges auf einer Breite von 3 Metern verurteilt. Das Oberlan­des­gericht hat das Urteil des Landgerichts nunmehr bestätigt.

Spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts habe sich im ostfriesischen Fehngebiet die allgemein befolgte Regel gebildet, dass jeder Anlieger einer Inwieke berechtigt ist, von der Hauptwieke aus entlang der Inwieke den über die Grundstücke anderer Anlieger führenden Weg zu benutzen, um zum eigenen Grundstück zu gelangen. Diese Regel sei weiterhin bindendes Gewohn­heitsrecht, und zwar auch für den Fall, dass inzwischen noch andere Zugänge zu den hinterliegenden Parzellen bestünden. Da das Inwiekenrecht von den betroffenen Kreisen der Bevölkerung nahezu ausnahmslos nach wie vor als allgemein verbindliches Recht angesehen und beachtet werde, sei es ein auch heute noch geltendes Gewohn­heitsrecht. Das Recht habe seine Geltung insbesondere nicht durch das am 1.1.1900 in Kraft getretene Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) verloren. Unerheblich sei auch, dass die berechtigten Anlieger von ihrem Inwiekenrecht einige Jahre keinen Gebrauch gemacht hätten.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 20.02.2008

der Leitsatz

BGB § 917, EGBGB Art. 2

Im Fehngebiet Ostfrieslands besteht ein im 19. Jahrhundert entstandenes örtliches Gewohn­heitsrecht fort, wonach Anlieger eines Nebenkanals ("Inwieke") den Randstreifen des Kanals auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen eines Notwegerechts begehen und befahren dürfen, um zu hinterliegenden Grundstücken zu gelangen.

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