18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Oldenburg Urteil23.10.2014

Schwere Verletzungen nach Sturz vom Dach: Arbeitgeber haftet gegenüber der Berufs­genossen­schaft für unfallbedingte AufwendungenArbeitgeber lässt Bauarbeiten ohne Sicher­heits­vor­kehrungen durchführen

Das Oberlan­des­gericht Oldenburg hat einen Arbeitgeber dem Grunde nach dazu verurteilt, einer Berufs­genossen­schaft die von ihr zu leistenden unfallbedingten Aufwendungen zu erstatten, nachdem ein Mitarbeiter bei Bauarbeiten am Dach gefallen war und sich schwer verletzt hatte. Da der Arbeitgeber die Dacharbeiten von den Mitarbeitern ohne Sicher­heits­vor­kehrungen durchführen ließ hatte er nach Auffassung des Gerichts damit gegen die Unfall­verhütungs­vorschriften verstoßen. Über die Höhe der zu erstattenden Aufwendungen muss das Landgericht Oldenburg entscheiden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Mitarbeiter der beklagten Firma arbeitete im Dezember 2007 auf dem Flachdach eines Werkstatt­neubaus in Diepholz. Das Flachdach war mit Rauhs­pund­platten belegt, auf denen weitere Arbeiten ausgeführt wurden. In die Rauhs­pund­platten sägten Arbeiter der beklagten Firma ca. 5 qm große Löcher. Im Anschluss wurde die gesamte Fläche mit einer Dampfsperrfolie abgedeckt. Die Löcher waren dadurch verdeckt. Hier sollten später Lichtkuppeln eingesetzt werden. Der Mitarbeiter der Beklagten betrat das Dach, stürzte in eines der Löcher und fiel mehr als drei Meter in die Tiefe. Er erlitt schwerste Verletzungen, insbesondere ein offenes Schädel-Hirn-Trauma. Aufgrund dieser Verletzungen ist er vollständig erwer­bs­ge­mindert und lebt in einem Pflegeheim. Die Berufsgenossenschaft hat als gesetzlicher Unfall­ver­si­cherer des Beklagten für den Verunfallten bereits Leistungen von rund 1.000.000 Euro erbracht, die sie nunmehr dem Grunde nach erstattet verlangen kann. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen.

Verstoß gegen Unfall­ver­hü­tungs­vor­schriften

Das Oberlan­des­gericht entschied, dass der Beklagte gegenüber der Berufs­ge­nos­sen­schaft für die von ihr zu erstattenden Aufwendungen hafte und daneben auch verpflichtet ist, der Berufs­ge­nos­sen­schaft die künftig entstehenden Aufwendungen zu erstatten. Nach den Ausführungen des Oberlan­des­ge­richts hatte der Beklagte die Bauarbeiten ohne Sicher­heits­vor­keh­rungen von seinen Arbeitnehmern durchführen lassen und damit gegen Unfall­ver­hü­tungs­vor­schriften verstoßen. Nach den Unfall­ver­hü­tungs­vor­schriften müssen bei einer möglichen Absturzhöhe von mehr als drei Metern Absturz­si­che­rungen angebracht werden und Öffnungen auf Dachflächen, die kleiner als 9 qm sind, ebenfalls mit Sicherungen gegen ein Hineinfallen oder Hineintreten versehen werden. Dem im Prozess vorgebrachten Einwand, eine Sicherung sei nicht möglich gewesen, folgten die Richter nicht. Es sei nicht nachvollziehbar, warum beispielsweise kein Gerüst unterhalb der Löcher im Dach aufgebaut worden sei. Das bewusste Absehen von den Siche­rungs­maß­nahmen stellt aus Sicht des Senats ein grobes Verschulden dar. Die Richter führten dazu aus, dass es sich für den Beklagten jedoch aufdrängen musste, dass solche Siche­rungs­maß­nahmen nach dem Arbeitsablauf für die weiteren Dacharbeiten unverzichtbar waren. Dieses Gefah­ren­po­tential habe sich noch zusätzlich durch die aufgebrachte Dampfsperre erhöht, die die vorhandenen Öffnungen wieder überdeckte. Auch wenn die Öffnungen im Dach weiterhin erkennbar blieben, sei die Wahrnehmbarkeit durch das Bild einer einheitlichen Fläche herabgesetzt gewesen.

Das Landgericht hat sich jetzt mit der Höhe der Aufwendungen zu befassen und darüber zu entscheiden, ob die Berufs­ge­nos­sen­schaft tatsächlich den gesamten Betrag vom Beklagten verlangen kann.

Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg/ra-online

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