03.12.2024
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Oberlandesgericht Oldenburg Urteil15.08.2017

Risse im Einfamilienhaus durch Neubau nebenan - Hausbesitzer haben Anspruch auf SchadensersatzGefahr von Versackung bei Vibra­ti­o­ns­a­r­beiten bei Tiefbau vorhersehbar und nicht untypisch

Das Oberlan­des­gericht Oldenburg hat entschieden, dass Eigentümer eines Hauses Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn sich an ihrem Haus Risse zeigen, die durch Tiefbauarbeiten wegen eines Neubaus auf dem Nachba­r­grundstück entstanden sind bzw. verstärkt wurden.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Paar aus Nordhorn, Eigentümer eines Hauses aus der Jahrhun­dertwende, hatte ein Tiefbau­un­ter­nehmen aus Westfalen verklagt. Auf dem Nebengrundstück sollte ein Mehrfa­mi­li­enhaus mit Tiefgarage errichtet werden. Zur Sicherung der hierzu ausgehobenen Baugrube brachte der beklagte Unternehmer in einem Abstand von zum Teil nur 60 cm zum Grundstück der Kläger mehrere acht Meter lange Eisenträger in den Boden ein. Dazwischen wurden Stahlbleche eingesetzt. Der Unternehmer hatte zunächst acht Meter tiefe Löcher in den Boden gebohrt und dann mit einem großen Rammgerät die Eisenträger eingebracht. Nach der Fertigstellung der Tiefbauarbeiten wurden die Stahlträger wieder gezogen.

Kläger verlangen Schadensersatz für am Haus entstandenen Risse

Die Kläger stellten Risse an ihrem Anbau fest und verklagten den Unternehmer. Es sei ein Schaden von rund 20.000 Euro entstanden. Der Unternehmer wies alle Schuld von sich. Der Altbau hätte schon vor seinen Arbeiten Risse gehabt. Das läge an dem maroden Zustand des Gebäudes, das ohnehin abrissreif wäre. Außerdem könne eine etwaige Vergrößerung der alten Risse auch andere Ursachen haben, etwa die Grund­was­ser­ab­senkung aufgrund des Neubaus, für die nicht er, sondern ein anderer Unternehmer verantwortlich sei.

OLG bejaht Schaden­s­er­satz­an­spruch

Das Landgericht Osnabrück folgte der Argumentation des Beklagten. Auf die Berufung der Kläger hin änderte das Oberlan­des­gericht Oldenburg dieses Urteil und sprach den Klägern den begehrten Schadensersatz zu. Der Unternehmer hätte gegen seine Schutzpflichten aus dem Werkvertrag verstoßen. Zwar sei der Eigentümer des Nachba­r­grund­stücks und nicht das Ehepaar Vertragspartner des Unternehmers. Dieser Werkvertrag entfalte aber eine Schutzwirkung zugunsten Dritter, hier des Ehepaars. Die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten gälten auch ihnen gegenüber.

Gefahr von Versackungen war vorhersehbar

Durch die Vibra­ti­o­ns­a­r­beiten in unmittelbarer Nähe des Hauses der Kläger hätte der Unternehmer gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen. Die Gefahr von Versackungen sei vorhersehbar gewesen und für die Art von Vibra­ti­o­ns­a­r­beiten, wie sie der Beklagte durchgeführt habe, nahezu typisch. Der Gerichts­sach­ver­ständige habe auch festgestellt, dass sich alte Risse in dem Gebäude nach den Arbeiten auf teilweise mehrere Zentimeter deutlich verbreitert und die gesamte Hauswand durchdrängt hätten. Ein Fenster sei praktisch aus der Laibung gerissen worden, das Gebäude biete keinen Witte­rungs­schutz mehr nach außen. Eine mögliche Absenkung des Grund­was­ser­spiegels sei allenfalls in geringem Umfang mitursächlich. Daher müsse der Unternehmer den Schaden der Kläger begleichen.

Das Paar erhält jetzt den geltend gemachten Schaden ersetzt.

Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg/ra-online

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