21.11.2024
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Oberlandesgericht Oldenburg Urteil07.08.2012

Karmann-Verfahren: Karmann-Besitz­ge­sell­schaft muss Millionen an Betrie­bs­ge­sell­schaft herausgebenEntscheidung über Steuermillionen

Im Prozess um die Erstattung von Steuer­rü­ck­zah­lungen in Millionenhöhe von der Karmann-Besitz­ge­sell­schaft an den Insol­venz­ver­walter der Karmann-Betrie­bs­ge­sell­schaft hat das Oberlan­des­gericht Oldenburg nunmehr entschieden.

Die Karmann-Besitz­ge­sell­schaft muss nun die Steuermillionen, die sie vom Finanzamt Osnabrück zurückerstattet bekommen hat, an die Karmann-Betrie­bs­ge­sell­schaft - die diese Beträge ursprünglich verauslagt hatte - auskehren. Diese Verpflichtung steht aber unter einem Vorbehalt: Falls jetzt die Karmann-Besitz­ge­sell­schaft oder ihre Gesellschafter vom Finanzamt mit Erfolg als tatsächliche Steuerschuldner in Anspruch genommen werden, kann die Besitzgesellschaft dies dem ausgeurteilten Anspruch der Betriebsgesellschaft entgegenhalten. Die Besitz­ge­sell­schaft müsste dann letztlich doch nicht zahlen.

Sachverhaltserklärung

Seit 1949 war der Betrieb "Karmann" in eine Betrie­bs­ge­sell­schaft und eine Besitz­ge­sell­schaft auf-geteilt. Die Besitz­ge­sell­schaft stellte der Betrie­bs­ge­sell­schaft Betriebsanlagen und –grundstücke zur Verfügung. Das operative Geschäft lief über die Betrie­bs­ge­sell­schaft.

Betrie­bs­ge­sell­schaft übernahm Steuerzahlungen für die Steuer­schuldnerin Besitz­ge­sell­schaft

Umsatz­steu­er­rechtlich hatte das Finanzamt Osnabrück die beiden Gesellschaften stets als Einheit angesehen. Steuer­schuldnerin war danach allein die Besitz­ge­sell­schaft. Aufgrund einer internen Vereinbarung zwischen den Gesellschaften übernahm indes die Betrie­bs­ge­sell­schaft für die Besitz­ge­sell­schaft die Zahlung der Steuern.

Steuerliche Behandlung fehlerhaft - jede Gesellschaft für eigene Umsätze steuerpflichtig

Nach einer Änderung der Rechtsprechung wurde die einheitliche steuerliche Behandlung auch für die Vergangenheit als fehlerhaft bewertet. Tatsächlich war jede Gesellschaft für die eigenen Umsätze selbst steuerpflichtig. Die bislang vom Finanzamt als alleinige Steuer­schuldnerin angesehene Besitz­ge­sell­schaft forderte daher vom Finanzamt erfolgreich die auf die Betrie­bs­ge­sell­schaft entfallenden Beträge zurück. Es geht dabei für die Steuerjahre 2006 bis 2009 um rund 160 Millionen Euro. Das Finanzamt erstattete die Summe an die irrtümlich als Steuer­schuldnerin angesehene Besitz­ge­sell­schaft. Dass aufgrund der internen Vereinbarung die Steuern ursprünglich von der Betrie­bs­ge­sell­schaft gezahlt worden waren, spielte für das Finanzamt konsequenter Weise keine Rolle.

Insol­venz­ver­walter verlangt 160 Millionen Euro von Besitz­ge­sell­schaft zurück

Für die Betrie­bs­ge­sell­schaft war dies dagegen sehr wohl von Belang:

Der Insolvenzverwalter der 2009 in die Insolvenz gegangenen Betrie­bs­ge­sell­schaft verlangte die erstatteten 160 Millionen Euro von der Besitz­ge­sell­schaft heraus. Schließlich habe die Betrie­bs­ge­sell­schaft die Beträge aufgrund der internen Vereinbarung für die Besitz­ge­sell­schaft gezahlt.

Besitz­ge­sell­schaft beruft sich auf Vergleich bzgl. der Steue­r­er­stat­tungen

Zum einen habe sie der Betrie­bs­ge­sell­schaft im Gegenzug die Betriebsanlagen und –grundstücke überlassen. Zum anderen habe man sich in einem umfangreichen Vergleich im Jahr 2010 unter anderem auch darauf geeinigt, dass die Steue­r­er­stat­tungen der Besitz­ge­sell­schaft zuständen. Außerdem verlange das Finanzamt die Millionen im Rahmen einer sogenannten Ausfallhaftung jetzt von den Gesellschaftern der Besitz­ge­sell­schaft, weil es seine Forderungen gegen die insolvente Betrie­bs­ge­sell­schaft nicht durchsetzen könne. Und zweimal wolle man nicht zahlen.

Erfolg für Insol­venz­ver­walter in I. Instanz

Das Landgericht Osnabrück hatte dem Insol­venz­ver­walter Recht gegeben. Die Betrie­bs­ge­sell­schaft habe die Steuern für die Besitz­ge­sell­schaft gezahlt. Ihr ständen daher auch die Steue­r­er­stat­tungen zu.

Steuermillionen müssen an Betrie­bs­ge­sell­schaft ausgekehrt werden

Das Oberlan­des­gericht hatte über die Berufung zu entscheiden. Dabei hat das Gericht das Urteil des Landgerichts Osnabrück im Wesentlichen bestätigt. Die Besitz­ge­sell­schaft müsse die Steuer-millionen an die Betrie­bs­ge­sell­schaft auskehren, denn diese habe auch die Zahlungen an das Finanzamt erbracht. Nach der umfangreichen Beweisaufnahme vor dem Landgericht stehe nicht fest, dass sich der Vergleich aus dem Jahr 2010 auch auf die 160 Millionen Euro bezogen habe. Es sei bei diesem Vergleich um andere Streitpunkte gegangen.

OLG billigt Besitz­ge­sell­schaft Aufrech­nungs­an­spruch zu

Die Besitz­ge­sell­schaft und deren Gesellschafter müssten den Betrag aber auch nicht zweimal zahlen. Anders als das Landgericht billigte das Oberlan­des­gericht der Besitz­ge­sell­schaft grundsätzlich einen Aufrech­nungs­an­spruch zu: Wenn das Finanzamt Osnabrück die Steuermillionen jetzt mit Erfolg bei der Besitz­ge­sell­schaft und ihren Gesellschaftern gelten machen könnte, könne die Besitz­ge­sell­schaft mit dieser Steuerschuld gegenüber der Betrie­bs­ge­sell­schaft aufrechnen. Die Verurteilung erfolge daher unter einem Vorbehalt.

Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg/ ra-online

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