15.11.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 2903

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Beschluss28.07.2006Oberlandesgericht Oldenburg11 UF 61/06
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Oberlandesgericht Oldenburg Beschluss28.07.2006

OLG Oldenburg hält Regeln zum Versor­gungs­aus­gleich teils für verfas­sungs­widrigViele Frauen können auf mehr Geld beim Versor­gungs­aus­gleich aus den Rente­n­ansprüchen ihrer Ex-Männer hoffen

Das Oberlan­des­gericht (OLG) Oldenburg hält einen Teil der Regeln zum Ausgleich von Renten und anderen Versor­gungs­rechten nach der Scheidung von Ehepartnern für verfas­sungs­widrig. Die betreffenden Vorschriften führen danach nicht zu einer gleichen Aufteilung der in der Ehe erworbenen Versor­gungswerte im Versor­gungs­aus­gleich und sind durch andere Umrech­nungs­kri­terien zu ersetzen.

Der Versor­gungs­aus­gleich soll eine gleiche Teilhabe der geschiedenen Eheleute an den während der Ehe erworbenen Versor­gungs­werten bewirken. Hierzu müssen die beiderseitigen Versor­gungs­an­rechte (z.B. aus der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung, der Beamten­ver­sorgung, der berufs­s­tän­dischen und der betrieblichen Alters­ver­sorgung) bilanziert und saldiert (verrechnet) werden. Dies setzt voraus, dass die jeweiligen Versor­gungs­an­rechte von vornherein annähernd gleichwertig sind oder dass sie durch Umrechnung vergleichbar gemacht werden. Erst danach kann ermittelt werden, wer die höheren Versor­gungswerte erworben hat und demgemäß die Hälfte des Wertun­ter­schiedes auszugleichen hat. Maßstab für den Vergleich der Versor­gungs­an­rechte ist ihre künftige Wertentwicklung („Dynamik“) im Verhältnis zur gesetzlichen Renten­ver­si­cherung oder zur Beamten­ver­sorgung, d.h. die Frage, ob der bei Ende der Ehezeit erworbene Wert (z.B. monatlich 100 €) in der Zukunft wie bei den genannten Versorgungen angepasst wird (etwa mit einem festen jährlichen Prozentsatz) oder ob der erreichte Wert unverändert bleibt.

In der Vergangenheit sind Versor­gungs­an­rechte mit unter­schied­licher Dynamik vergleichbar gemacht worden durch Umrechnung mit Hilfe von Faktoren, die in der so genannten Barwert­ver­ordnung (BarwertVO) verbindlich festgelegt wurden. Dieses Regelwerk ist vielfach kritisiert worden, weil die Faktoren zu niedrig seien und deshalb zu einer zum Teil krassen Unterbewertung der betreffenden Anrechte geführt haben. Folge davon war häufig eine Benachteiligung der ganz überwiegend ausgleichs­be­rech­tigten geschiedenen Ehefrau, weil sie deutlich weniger als die Hälfte der insgesamt in der Ehezeit erworbenen Versor­gungswerte erhalten hat.

Die Bundesregierung hat durch mehrfache Änderungen der BarwertVO und der darin festgelegten Umrech­nungs­faktoren auf die Kritik reagiert, zuletzt durch eine Neufassung vom 3. Mai 2006. Sie soll übergangsweise bis zu einer grundlegenden Lösung des Umrech­nungs­problems gelten. Nach Ansicht verschiedener Famili­en­recht­s­ex­perten wird der Halbtei­lungs­grundsatz aber auch bei Anwendung der neuen Umrech­nungs­faktoren in vielen Fällen gravierend verletzt. Die Umrechnung sei deshalb nach anderen Kriterien vorzunehmen.

Der 11. Zivilsenat – 3. Senat für Familiensachen des Oberlan­des­ge­richts Oldenburg hat sich nun dieser Ansicht angeschlossen. Die Umrech­nungs­faktoren der BarwertVO in der Fassung von Mai 2006 enthielten eine Fortschreibung der Verfas­sungs­wid­rigkeit der früheren Fassungen auf reduziertem Niveau, aber mit immer noch unvertretbarer Verfehlung des Halbtei­lungs­grund­satzes. Die BarwertVO sei deshalb auch übergangsweise nicht anwendbar.

Als Ersatzlösung führt der Senat im Anschluss an Litera­tur­mei­nungen im konkreten Fall eine Umrechnung an Hand einer Dynami­sie­rung­s­tabelle durch, die für die Jahre bis 2019 die von der Bundesregierung geplante Entwicklung der aktuellen Rentenwerte berücksichtigt und für die Zeit danach von einem geschätzten Anstieg um jährlich 1 % ausgeht. In anderen Fällen, insbesondere nach Eintritt des Versor­gungsfalls, kann die Einholung eines Sachver­stän­di­gen­gut­achtens geboten sein.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das OLG Oldenburg die Rechts­be­schwerde zum Bundes­ge­richtshof zugelassen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 25.08.2006

der Leitsatz

BGB § 1587 a Abs. 3, 4, BarwertVO

Die bisher übliche Umrechnung von Versor­gungs­an­rechten führt nicht zu einer gleichen Aufteilung der in der Ehe erworbenen Versor­gungswerte im Versor­gungs­aus­gleich. Die betreffenden Vorschriften (BarwertVO) sind verfas­sungs­widrig und durch andere Umrech­nungs­kri­terien zu ersetzen.

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